Waldbüttelbrunn:T-Shirt "Gegen Nazis" sorgt für Tumult im Gemeinderat

Waldbüttelbrunn: Im Gemeinderat von Waldbüttelbrunn ging es erst heiß her, als Sebastian Hansen seinen Pullover auszog.

Im Gemeinderat von Waldbüttelbrunn ging es erst heiß her, als Sebastian Hansen seinen Pullover auszog.

(Foto: privat)

Wegen des Spruchs auf dem T-Shirt eines grünen Gemeinderats zwingt ihn der SPD-Bürgermeister im fränkischen Waldbüttelbrunn, wieder einen Pulli überzuziehen.

Von Olaf Przybilla, Waldbüttelbrunn

Theoretisch hätte Sebastian Hansen, 21, unterm Kapuzenpulli auch sein FC-Bayern-Shirt tragen können, das vom Champions-League-Sieg 2013. An diesem Tag aber hatte er sich modisch anders entschieden, er griff zum "Gegen Nazis"-Leiberl.

Das, sagt der grüne Gemeinderat von Waldbüttelbrunn, gehöre genauso zu seiner Identität wie das andere. Dass sich jetzt die Kommunalaufsicht mit dem Shirt beschäftigen muss, weil er das in einer Gemeinderatssitzung getragen hat, da habe er im Traum nicht dran gedacht.

"Wen soll denn so was provozieren?", fragt Hansen. Zumal im fränkischen Waldbüttelbrunn kein Vertreter einer irgendwie rechtsradikalen Gruppierung im Rat sitze. Ihm sei es im Lauf der Sitzung einfach zu warm geworden. Deshalb habe er den Pulli ausgezogen.

Bürgermeister Klaus Schmidt, ein Sozialdemokrat, will dagegen schon wahrgenommen haben, dass das Shirt im Rat irgendwie anstößig wirkte. Es ging gerade um die neue Gemeindebücherei, Tagesordnungspunkt 3, Möblierung und Farbkonzepte. Keine richtig hitzige Sache. Aber nachdem Hansen seinen Pulli ausgezogen hatte, will der Bürgermeister gesehen haben, wie diverse Gemeinderäte mit "Blicken und Gesten" auf das Shirt hinwiesen. Deshalb habe er Hansen gebeten, den Pulli wieder überzuziehen.

Danach wurde es schon hitzig. Und inzwischen geht es im Schriftverkehr mit der Aufsichtsbehörde um Sachen wie ein Grundsatzurteil des Verwaltungsgerichts Gera, das mal entschieden hat, dass Gemeinderäte - um der Funktionsfähigkeit der Verwaltung willen - schon Einschränkungen der Meinungsfreiheit hinnehmen müssen. Aber natürlich nicht grundsätzlich.

In Waldbüttelbrunn ging es, nachdem sich Hansen seines Pullis entledigt hatte, laut Protokoll so weiter. Bürgermeister: "Bevor wir zu Punkt 4 gehen, möchte ich den Sebastian bitten, den Pullover anzuziehen, oder dass du das T-Shirt ausziehst. Für mich ist das eine politische Äußerung." Darauf Hansen: "Das heißt, du hast ein Problem mit dem Spruch 'Gegen Nazis'?" Bürgermeister: "Ich habe ein Problem mit politischen Äußerungen im Gemeinderat."

Ist "Like dancing in the snow" etwa ein besserer Spruch?

Hansen: "Das heißt, ein SPD-Bürgermeister fordert mich auf, ein T-Shirt mit dem Spruch 'Gegen Nazis' zu verdecken. Ernsthaft?" Bürgermeister: "Ich rede gerade. Es geht hier um jegliche politische Botschaft, ob du gegen Stubentiger bist oder sonst was." Hansen: "Das ist lächerlich." Bürgermeister: "Noch einmal eine Bemerkung wie 'lächerlich' und ich verweise dich des Sitzungssaals."

Danach wird es leicht tumultuarisch. Eine grüne Kollegin weist auf ihr Shirt, da stehe übrigens auch was drauf ("Like dancing in the snow"). Ein CSU-Mann bemerkt, als Hansen unter Protest den Pulli wieder überstülpt: "So siehst du viel schöner aus." Und jetzt will Hansen das Ganze von der Kommunalaufsicht geprüft wissen. Das Landratsamt Würzburg will demnächst entscheiden, ob das alles seine Richtigkeit hatte im Gemeinderat von Waldbüttelbrunn.

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