Wald im Allgäu:Kirchturm stürzt auf Friedhof

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Es ist die größte Katastrophe seit dem Dreißigjährigen Krieg: Nach einem Blitzschlag fängt das Gotteshaus von Wald Feuer. Das Sturmtief "Andrea" erschwert die Löscharbeiten.

Stefan Mayr

Die Nacht auf Dreikönig 2012 wird in die Dorfgeschichte der 1000-Einwohner-Gemeinde Wald im Allgäu eingehen. Als größte Katastrophe seit dem Dreißigjährigen Krieg - und als großes Wunder. Nach einem Blitzschlag ging am Donnerstagnachmittag der 60 Meter hohe Turm der katholischen Pfarrkirche St. Nikolaus in Flammen auf. Die Feuerwehrleute hatten wegen des Sturms große Probleme beim Löschen.

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Zudem mussten sie befürchten, dass der Turm einstürzt und das Kirchenschiff oder nebenstehende Gebäude zerstört. Tatsächlich fiel die hölzerne 20 Meter hohe Turmspitze schließlich brennend zu Boden - doch die Barockkirche mit ihren kostbaren Kunstschätzen blieb verschont. Auch Personen wurden bei dem bayernweit spektakulärsten Schadensfall des Sturmtiefs Andrea nicht verletzt.

"Die Lage war lange Zeit sehr angespannt", sagt ein Mann der Freiwilligen Feuerwehr. "Wir wussten nicht, ob der Kirchturm einstürzt und wohin." Vorsichtshalber wurden die umstehenden Gebäude evakuiert, darunter auch der Stall eines Bauernhofes. Letztlich fiel das Holzdach gegen 20 Uhr laut krachend auf die Straße und den Friedhof. Dort stehende Rettungskräfte und Pressefotografen konnten sich rechtzeitig in Sicherheit bringen. "Ich kann es nicht glauben, dass unsere Kirche brennt", sagt eine Anwohnerin, die mit ihrer Familie das dramatische Schauspiel aus sicherer Entfernung beobachtet. "Am Ende ist alles relativ glimpflich ausgegangen", sagt der Feuerwehrmann, der seinen Namen nicht nennen will. Von einem Wunder wollte er zwar nicht sprechen, doch so manchem Gläubigen könnte dieser Gedanke durchaus gekommen sein.

Das barocke Deckenfresko in der Pfarrkirche zeigt den "Heiligen Nikolaus in der Gloriole". Er ist der Schutzpatron von Kirche und Dorf - und hat ganze Arbeit geleistet: Das Gemälde des bekannten Pfrontener Malers Josephus Keller aus dem Jahre 1782 überstand den Brand ebenso unversehrt wie das gesamte Kirchenschiff und die darin befindlichen weiteren Kunstschätze. "Es wäre dramatisch gewesen, wenn die Spitze in die andere Richtung gefallen wäre, denn dann hätte sie das Kirchenschiff zerstört", sagt der Polizeichef von Marktoberdorf, Alfred Immerz.

Vielleicht war es aber auch nur der guten Arbeit der Rettungskräfte zu verdanken: Die Kirchturmuhr blieb um kurz nach halb sechs stehen. Danach kämpften etwa 150 Feuerwehrleute aus Wald und den umliegenden Orten mehrere Stunden lang gegen die Flammen an. Die Löscharbeiten waren allerdings alles andere als einfach: Schon die Anfahrt war beschwerlich, wegen starker Schneefälle und eisglatter Straßen hatte die Feuerwehr Mühe, den Brandort zu erreichen.

Dort stellte sich heraus, dass die Drehleiter nur 30 Meter lang war, also halb so hoch wie der Turm. Zudem konnte die Leiter nur von einer Seite hochgefahren werden, die Feuerwehr musste deshalb gegen den Schneesturm anspritzen. Obendrein ging zwischenzeitlich das Wasser aus - bis eine Schlauchleitung in den nächsten Bach gelegt war. Aus den Nachbargebäuden mussten 15 Menschen in Sicherheit gebracht werden, sie konnten erst nach Mitternacht wieder in ihre Häuser zurück. Erste Schätzungen beziffern den Schaden auf mindestens 100.000 Euro.

© SZ vom 07.01.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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