Wahlkampf:Warum die bayerische Opposition auf Markus Söder hofft

CSU-Fraktionssitzung

Noch ist Markus Söder bayerischer Finanzminister, er arbeitet aber heftig an einem Wechsel.

(Foto: dpa)
  • In der CSU tobt der Machtkampf. Kann sich Ministerpräsident Seehofer halten oder wird Söder der nächste Spitzenkandidat?
  • In der bayerischen Opposition hoffen manche darauf, dass sich der Franke durchsetzt - gegen ihn könnten sie sich wohl leichter profilieren.

Von Wolfgang Wittl

Wenn aus anderen Parteien Grußnoten voller Mitleid verschickt werden, steht es nicht gut um einen Politiker. Schlimmer wird es nur, wenn das Mitgefühl aufrichtig wirkt, wie am Montag bei Markus Rinderspacher. "Schwer angeschossen" sei Ministerpräsident Horst Seehofer, sagt der SPD-Fraktionschef. Einem regelrechten "Mobbing" werde Seehofer in seiner Partei unterzogen, "unanständig" und feige. Es sei jedenfalls "kein Zeichen für politischen Mut", wenn Markus Söder "von seinen Leuten aus allen Rohren auf Seehofer feuern lässt", findet Rinderspacher. Eine Auseinandersetzung könne auch anders geführt werden, fair. Kurzum: "Horst Seehofer beginnt mir leid zu tun."

Ob sich der CSU-Chef über die Solidaritätsadresse freut, darf bezweifelt werden. Eher wird sie seinen Zorn darüber verstärken, was in der CSU derzeit geschieht. Seit Wochen sieht sich Seehofer scharfen Attacken ausgesetzt. Am Wochenende forderte die Junge Union einen "glaubwürdigen personellen Neuanfang", während Seehofer in Berlin mit der Kanzlerin den Kurs über ein Jamaika-Bündnis absteckte. Aber nicht nur die JU, auch die Opposition stellt sich auf diesen Neubeginn bereits ein. Rinderspacher rechnet noch in diesem Jahr mit einem Wechsel an der Regierungsspitze von Seehofer auf Söder. Es sieht allerdings nicht danach aus, als fürchte sich die Opposition vor einem Landtagswahlkampf 2018 gegen einen CSU-Kandidaten Söder. Manche reagieren sogar erleichtert, sie sehen ihre Chancen offenbar steigen.

Dann werde halt "der große Seehofer durch einen kleinen Seehofer ersetzt, nur fränkisch und jünger", spottet Rinderspacher. Angriffsflächen sieht er genug. All jene in der CSU, die Seehofer nun kritisierten, hätten seinen Kurs mitgetragen - Söder habe ihn sogar noch getoppt. Ob Seehofers Europakritik oder seine Forderungen in der Flüchtlingspolitik: Jedes Mal habe Söder den Chef an Schärfe noch übertroffen. Die SPD werde daher natürlich versuchen, den Platz in der Mitte, der durch Söder größer werde, einzunehmen.

Nicht nur die SPD hofft darauf, aus einer Kandidatur Söders Profit zu schlagen. Gerade im bevölkerungsstarken Südbayern könne sich das auszahlen, sagt Hubert Aiwanger, Chef der Freien Wähler: "Unsere Oberbayern sind nicht traurig, wenn der Franke Söder antritt." Söder polarisiere mehr als Seehofer, findet Aiwanger. Damit mobilisiere er vielleicht mehr CSU-Wähler, verschrecke aber zugleich andere. Aiwangers These: "Die Menschen in Bayern haben mit einer absoluten Mehrheit unter Söder ein größeres Problem als unter Seehofer. Sie haben Angst, dass Söder diese absolute Mehrheit missbraucht." Das erhöhe die Chancen auf eine Koalitionsregierung. Andererseits sei Söder jünger als Seehofer und ein Macher, mit dem er persönlich kein Problem habe. Aiwangers Fazit: "Wir müssen mit jedem fertig werden, und wir werden mit jedem reden."

Die Grünen blicken entspannt auf den CSU-Machtkampf: Ob Seehofer oder Söder - "wir können gegen beide erfolgreich Wahlkampf führen", sagt Fraktionschef Ludwig Hartmann. Denn er ist überzeugt: "Das Prinzip CSU ist am Ende." Die Partei habe keine Ideen für Bayern, und falls doch, seien es die falschen: Natur und Heimat würden verschandelt durch Gewerbegebiete und Umgehungsstraßen, Ortskerne bluteten aus. "Söder ist die Symbolfigur für diese menschen- und umweltfeindliche Politik. Er ist der Zerstörer des ländlichen Raums und hat ganz sicher kein Angebot für die Menschen in den Städten." Im Grunde sei es den Grünen aber egal, wer für die CSU antrete, sagt Hartmann. Die Bevölkerung wolle "keinen neuen Kopf, sondern einen bessere Politik". Grüne Politik? "Durch dieses Sich-selbst-Zerlegen der CSU ist schon jetzt mehr Platz für uns frei geworden." Die jüngste Umfrage sieht die CSU in Bayern nur noch bei 37 Prozent.

In Zurückhaltung übt sich die FDP, die bis 2013 mit der CSU gemeinsam regiert hat. "Wir haben keine Vorlieben für einen CSU-Kandidaten, für uns spielt es auch keine Rolle", sagt Landeschef Albert Duin. Die FDP konzentriere sich auf eigene Themen. Auch Generalsekretär Daniel Föst, der Duin als Landeschef nachfolgen soll, hält sich bedeckt. Beide CSU-Spitzenleute böten genügend Angriffspunkte - "der wankelmütige Seehofer wie der polarisierende und manchmal clownesk auftretende Söder".

Es gab Zeiten, da hatte die Opposition mehr Respekt vor der Regierungspartei. Man brauche sich über dieses Bild nicht zu wundern, sagt ein CSU-Mann. Wer sich so lustvoll beschädige wie seine Partei, müsse mit Spott und sinkenden Umfragewerten leben. Auch in der Jungen Union, die sich am Wochenende gegen Seehofer aussprach, zeigt sich die Zerrissenheit. "Eine Konzentration nur auf eine Person ist auch in der JU nach dem heutigen Tag offensichtlich nicht gegeben", teilte der oberbayerische JU-Chef Daniel Artmann am Sonntagabend mit. Das bedeutet nicht, dass die Oberbayern eine Lösung mit Söder kategorisch ausschließen, mehr als eine Ämterteilung wollen sie dem Franken aber nicht zugestehen. Es müsse "klar sein, dass ohne Oberbayern die absolute Mehrheit nicht erreichbar ist", betonte Artmann.

In zwei Wochen wird auch Seehofer in die Personaldebatte einsteigen. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland sagte er: Nach der Sondierung werde er "ein bis zwei Tage nachdenken - und dann klar sagen, welche Formation ich mir vorstelle".

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