Süddeutsche Zeitung

Wahlkampf:Redeverbot für AfD-Politiker

Nürnberg will Gauland nach seinen Äußerungen Auftritt untersagen

Nach seinen umstrittenen Äußerungen über die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), droht AfD-Spitzenkandidat Alexander Gauland ein Redeverbot bei einem Wahlkampfauftritt in Nürnberg. Der Ortsverband der AfD sei per Brief aufgefordert worden, bis Dienstag (12 Uhr) zu versichern, dass Gauland bei einer Parteiveranstaltung in der Meistersingerhalle am Samstag nicht reden werde, sagte der Zweite Bürgermeister Christian Vogel (SPD) am Montag.

Sollte er dennoch das Wort ergreifen, werde die Stadt von ihrem außerordentlichen Kündigungsrecht Gebrauch machen. Dies sei gemäß der Mietsatzung möglich, wenn Nürnberg als Stadt des Friedens und der Menschenrechte Schaden nehmen könnte. Gauland hatte bei einer Wahlkampfveranstaltung im thüringischen Eichsfeld kürzlich davon gesprochen, Özoguz in der Türkei zu "entsorgen".

Diese Äußerung sei für ihn das i-Tüpfelchen gewesen, sagte Vogel. "Menschenverachtender geht's nicht mehr." Wenn jemand wie Gauland andere aufgrund ihrer Herkunft, Religion und sozialen Orientierung als Menschen zweiter Klasse erachte, sei das für die Stadt nicht hinnehmbar. Der Nürnberger AfD-Chef Martin Sichert warf der Stadt hingegen vor, die geplante Wahlkampfveranstaltung in der Meistersingerhalle unter "fadenscheinigen Gründen" zu verhindern und damit die "Demokratie zu beschädigen". Zudem sprach er von einem Erpressungsversuch. "Wenn die Obrigkeit entscheidet, wer in Nürnberg reden darf, dann sind wir in Bezug auf die Meinungsfreiheit tatsächlich wieder im Dritten Reich angekommen oder in der DDR - und da wollen wir nicht hin", erklärte Sichert auf Nachfrage. Sollte die Stadt den Mietvertrag für die Halle aufkündigen, werde sich seine Partei mit einstweiligem Rechtsschutz "in die Meistersingerhalle einklagen." Noch hoffe er allerdings "auf Vernunft" bei der Stadt Nürnberg. Bürgermeister Vogel sagte: "Ich würde mir wünschen, dass die AfD so vernünftig ist und tatsächlich sagt: ,Ja, wir lassen Gauland nicht reden'." Gleichwohl sei zu befürchten, dass die AfD gegen eine mögliche Kündigung klagen werde. Dann müsste das Verwaltungsgericht im Eilverfahren entscheiden. Und dann stünden die Chancen für einen Sieg der Stadt Nürnberg 50:50, räumte Vogel ein. Gauland selbst sagte auf die Frage, ob er trotz des drohenden Verbots auftreten wolle: "Das muss der Kreisverband entscheiden." Sollte das Verbot mit seiner Äußerung zur Integrationsbeauftragten der Bundesregierung begründet werden, dann dürfe auch Sigmar Gabriel (SPD) nicht dort auftreten. Denn auch Gabriel habe davon gesprochen, Merkel zu "entsorgen", sagte Gauland.

Gabriel hatte 2012 in einer Wahlkampfrede erklärt, Ziel der SPD sei es, die Regierung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gemeinsam mit den Grünen nicht nur abzulösen, sondern "rückstandsfrei zu entsorgen".

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SZ vom 05.09.2017 / dpa
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