Wahlkampf:Der Traumschiff-Kapitän der CSU

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Die große Welt zu Gast in Kulmbach: Karl-Theodor zu Guttenberg. (Foto: Sven Hoppe/dpa)

Karl-Theodor von und zu Guttenberg beflügelt bei seinem ersten großen Auftritt wieder die Fantasien seiner Fans. Das kommt einem gefährlich bekannt vor.

Kommentar von Sebastian Beck

Zugegeben, Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg zählt zu den ganz wenigen in der CSU, die über Charisma verfügen. Sonst wird das Bild der Partei ja eher von verbalen Grobmotorikern wie Generalsekretär Andreas Scheuer oder Fraktionschef Thomas Kreuzer dominiert.

Selbst Markus Söder findet sich im Vergleich zu charming Guttenberg plötzlich in der Leberkäs-Etage wieder. Es gibt in der CSU auch keinen Zweiten, der sich vor 1200 Leute ohne Manuskript hinstellt und eine Stunde lang druckreife Sätze redet.

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Das Problem bei Guttenberg ist nur, dass man bei ihm nicht weiß, ob seine leuchtende Aura nun ein Heiligenschein ist oder radioaktive Fluoreszenz. Sein Auftritt in Kulmbach hatte etwas Henry-Kissinger-haftes an sich. Guttenberg gibt den ganz großen Welterklärer und Elder Statesman, drunter geht es nicht.

Dabei war er gerade mal für ein paar Monate Wirtschaftsminister und danach eineinhalb Jahre lang Verteidigungsminister, bevor er über seine gefälschte Doktorarbeit stürzte und auf der anderen Seite des Atlantiks in einem sogenannten Thinktank verschwand. Die ganz große Karriere ist das noch nicht.

Guttenberg und seine Frau Stephanie waren es übrigens, die 2010 das deutsche Talkshowformat bis nach Afghanistan exportierten. Letztlich stürzte Guttenberg über seine ungezügelte Geltungssucht.

Jetzt betritt er erneut die Bühne, eigenem Bekunden nach geläutert. Und obwohl er nicht einmal ein Mandat hat, sehen seine Fans in KT schon wieder den Traumschiff-Kapitän der CSU. Sie fragen: Muss ein so smartes Jahrhunderttalent wie er nicht wenigstens Minister im nächsten Kabinett Merkel werden?

Ja, auch einer wie Guttenberg hat eine zweite Chance verdient. Es wäre ihm aber zu wünschen, dass er einfach mal ein paar Jahre lang als Normalo in einem Kabinett seinen Job macht und nicht wieder auf die eigene Inszenierung reinfällt. Das wäre eine brutal harte Prüfung für KT. Danach kann er ja immer noch Bundeskanzler werden.

© SZ vom 01.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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