Wahlkampf der NPD:Hassreden in der Provinz

Bei der Landtagswahl in Bayern hofft die NPD auf "fünf Prozent plus X". In Eggenfelden warben Funktionäre mit Hetzreden gegen Ausländer und Juden um Zustimmung.

Eine Reportage von Kathrin Haimerl, Eggenfelden

Sascha Roßmüller, der Spitzenkandidat der NPD in Bayern, präsentiert sich gerne als heimatverbunden, als der nette Stammtischbruder von nebenan. Auf seinen Wahlplakaten ist im Hintergrund das weiß-blaue Rautenmuster zu sehen.

Wahlkampf der NPD: Die NPD will in Bayern die Wähler für sich gewinnen.

Die NPD will in Bayern die Wähler für sich gewinnen.

(Foto: Foto: AP)

Und auf der Wahlkampfveranstaltung der NPD in Eggenfelden am vergangenen Samstag schimpfte der Straubinger auf die CSU, stellte die Pannenserie der Partei dar, sprach vom Transrapid, "dem Zug nach nirgendwo", von Hubers Finanzpolitik, von der Bayern LB.

Roßmüller ärgert sich, dass Günther Beckstein vor ihm auf die Idee gekommen ist, die "anständigen Bayern" für die CSU zu vereinnahmen. Stimmung kommt da im Publikum keine auf. Einer der autonomen Nationalisten gähnt herzhaft, ein anderer sitzt mit verschränkten Armen auf seinem Stuhl, die Baseballkappe tief ins Gesicht gezogen.

Wahrscheinlich hat sich Roßmüller ein anderes Publikum erhofft. Denn die Wahlkampfveranstaltung im Stadtsaal in Eggenfelden erinnerte eher an eine Art geschlossene Gesellschaft. Gekommen sind lediglich überzeugte NPD-Anhänger und Mitglieder.

Zur Anwerbung von Neuwählern taugte sie nichts. Denn die hätten gleich zwei Hürden überwinden müssen - zum einen die Absperrung der Polizei draußen, zum anderen die Front aus grimmig dreinblickenden Muskelpaketen des parteiinternen Ordnerdiensts vor der Halle.

Hauptredner Pastörs hetzt gegen Juden und Ausländer

Gut, dass die Partei für einen solchen Anlass Udo Pastörs aus dem Osten nach Niederbayern herangeschafft hat. Der Landtagsabgeordnete von Mecklenburg-Vorpommern ist zwar in der Statur weniger imposant als Roßmüller, dafür schreit er gern und viel, spricht von seinem "Kampf", von der Diktatur der "Blockparteien", hetzt gegen Ausländer und Juden.

Den Bayern-Bezug stellt er lediglich über Günther Beckstein her, den er als "Halbasiaten" bezeichnet. Als er auf Michel Friedmann zu sprechen kommt, grinst er, nimmt sich zurück und sagt schon fast beiläufig: "Fast hätte ich gesagt, dieser Zigeunerjude." Das kommt an beim Publikum. Es klatscht, stampft, johlt.

Die NPD macht Wahlkampf vor den eigenen Reihen. Die Veranstaltung in Eggenfelden diente vor allem einem Zweck: Der Mobilisierung der eigenen Basis. Für den Vorstand ging es darum, Präsenz zu zeigen. An den Zusammenhalt zu appellieren.

Der größte Landesverband Deutschlands

Die NPD macht sich selber Mut. Denn der Wahlkampf in Bayern ist bislang eher chaotisch verlaufen. Dabei hatte es die Partei geschafft, in nur wenigen Jahren ihre Strukturen hier wieder aufzubauen. Sie hat laut aktuellem Verfassungsschutzbericht 35 Ortsverbände in Bayern, von denen immerhin zwei Drittel aktiv sind.

Mit 1100 Mitgliedern ist der bayerische Landesverband mittlerweile der größte - noch vor Sachsen. Erstmals hat die NPD die DVU an Mitgliedern überholt. Und zum ersten Mal überhaupt tritt die NPD in Bayern mit einem eigenen Wahlprogramm an.

Das sind aber aus Sicht der rechtsextremen Partei auch schon die einzigen positiven Nachrichten aus Bayern. In München etwa, das im strategisch wichtigen Bezirk Oberbayern, findet lediglich eine große Wahlkampfveranstaltung auf dem Marienplatz statt, wie ein Vertreter der Stadt sueddeutsche.de betätigte.

Der Bezirksverband Niederbayern dagegen, der zwar vergleichsweise wenige Mitglieder hat und für die Partei sehr viel uninteressanter ist, scheint da ungemein aktiver; besonders der Ortsverband Rottal-Inn.

Lesen Sie, was der Bürgermeister von Eggenfelden sagt...

Hassreden in der Provinz

Dass sich die NPD nun ausgerechnet Eggenfelden als "zentrale Wahlkampfveranstaltung" in Bayern ausgesucht hat, sieht Bürgermeister Werner Schießl (FDP) nicht gern.

Doch noch unliebsamer ist ihm die Aufmerksamkeit, die seinem Städtchen derzeit zu Teil wird: "Eggenfelden ist nicht die braune Stadt, wie sie in den Medien dargestellt wird."

Das ist ein Satz, den der Bürgermeister immer wieder sagt. Am liebsten wäre es ihm, man würde lediglich über das Bürgerfest berichten, das am Samstag stattgefunden hat. Eine Veranstaltung gegen - und jetzt kommt man nicht umhin, den Grund zu nennen - die Wahlkampfveranstaltung der NPD.

NPD-Verstaltung im Stadtsaal ja, Fackelumzug nein

Wahrscheinlich spricht Schießl auch aus einem anderen Grund ungern über die NPD. Denn die Stadt musste in ihrer Auseinandersetzung mit der Partei eine Niederlage einstecken. Stadt und Landratsamt Rottal-Inn wollten verhindern, dass die rechtsextreme Partei die Veranstaltung in der Stadthalle abhält.

Die NPD kündigte daraufhin an, eine Demonstration mit Fackelzug durch die Stadt veranstalten zu wollen - was wesentlich medienwirksamer gewesen wäre. Dann doch lieber die Veranstaltung in der hermetisch abgeriegelten Halle, sagte sich Schießl. Stadt, Landratsamt und NPD setzten sich also an einen Tisch - und handelten folgenden "Kompromiss" aus: Veranstaltung im geschlossenen Stadtsaal ja, Fackelzug nein.

Damit ist es der NPD also im dritten Anlauf gelungen, die erste große Wahlkampfveranstaltung in Bayern abzuhalten. Die Partei wird dies wohl nach außen hin als vollen Erfolg verbuchen. Denn sie hat alles aufgefahren, was sie zu bieten hat. Mitglieder des Bundesvorstands sind gekommen, darunter etwa auch der Neonazi-Anwalt Jürgen Rieger, der vor dem Rednerpult in einer Reihe sitzt mit dem Bundesvorsitzenden Udo Voigt.

Im Saal sieht man vereinzelt die schwarze Kleidung der autonomen Nationalisten, bei den Jugendlichen Lonesdale und Landser-Shirts. Das ältere Publikum dagegen präsentiert sich bieder. Manch einer ist in Lederhose und Trachtenjanker gekommen.

Voigt, der nach Pastörs vor diesem gemischten Publikum eine lange Rede hält, hatte bereits nach den Wahlerfolgen der NPD in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern angekündigt, jetzt gehe es mit Schwung in den Westen. Damit meinte der NPD-Bundesvorsitzende vor allem Bayern. Er hofft, hier den Brückenkopf zu den alten Bundesländern schlagen zu können.

NPD-Mann Roßmüller: "In Kürze wird das Beckschwein geschlachtet"

Nicht ganz unberechtigt, wie eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung aus dem Jahr 2006 nahe legt. Demnach leben in Bayern die meisten Menschen mit "geschlossenem rechtsextremen Weltbild". Während im gesamten Bundesgebiet der Prozentsatz bei 8,6 Prozent lag, wies die Studie in Bayern diese Einstellung bei insgesamt 14,3 Prozent nach. Nur: Dieser Prozentsatz hat bislang nicht rechtsextrem gewählt.

Das wiederum will die NPD ändern, glaubt der Journalist und Szenekenner Robert Andreasch. Nach wie vor gibt sich die Partei nach außen zuversichtlich, Sascha Roßmüller spricht vollmundig von fünf Prozent plus X, die man bei der Landtagswahl erreichen könnte.

Doch die NPD hat bei der Rechnung einige Variablen vergessen. Zum einen hat sie wohl nicht damit gerechnet, dass die Republikaner zur Wahl antreten. Am 28. September konkurrieren also zwei Parteien rechts der CSU um Stimmen.

Und die Republikaner haben in Bayern im Gegensatz zur NPD entscheidende Vorteile: Sie sind hier stärker verankert und werden nicht mehr im Verfassungsschutzbericht geführt. Zum anderen ist da noch die Linke, die dieses Jahr erstmals in Bayern antritt und mit der sich die NPD bei den Themen Globalisierungs- und Kapitalismuskritik überschneidet.

Ein möglichst billiger Wahlkampf

Doch das ist nicht das einzige Problem der NPD: Ihr fehlt offenbar schlicht das Geld für den Wahlkampf. So hat Schatzmeisterin Bettina Roßmüller erst im August in der Deutschen Stimme einen Spendenaufruf gestartet.

Andreasch glaubt deshalb, dass die Partei nun einen möglichst billigen Wahlkampf führen will - mit dem Ziel, zumindest die Ein-Prozent-Marke zu knacken. So viel braucht sie, um sich für die Wahlkampfkostenrückerstattung zu qualifizieren.

Sascha Roßmüller kämpft unterdessen. Und dann findet er doch noch etwas, mit dem er das Publikum im Stadtsaal in Eggenfelden begeistern kann. Er kündigt für die Kameraden eine Grillfeier an, dafür habe der Vorstand beim Bauer Beck "eine ganze Sau" besorgt. "Ich kann also mit Recht sagen, in Kürze wird das Beckschwein geschlachtet", sagt er. Sein grobschlächtiger Humor kommt an beim Publikum. Es gibt Applaus. Doch der CSU wird er damit keine Wählerstimmen abjagen.

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