Wahljahr 2013:Ouvertüre zur "Mutter aller Schlachten"

Television broadcast vans are parked in front of conference building during annual Epiphany meeting in Wildbad Kreuth

Übertragungswagen vor dem Kreuther Tagungszentrum der CSU: Meisterwerk der Selbstinszenierung.

(Foto: REUTERS)

Bayerns Parteien wollen möglichst erfolgreich ins Wahljahr starten, CSU-Generalsekretär Dobrindt hofft gar auf das "aufstrahlende Licht aus der Höhe". Dabei ist die CSU vor der Klausurtagung in Wildbad Kreuth leicht fiebrig. Die Konkurrenz tut sich dennoch schwer, im Freistaat Wechselstimmung zu erzeugen.

Von Mike Szymanski

Das Wahljahr ist noch ganz jung, doch die Grünen haben sich schon einmal richtig viel vorgenommen. "Ab Januar läuten wir den Wechsel ein!" Das ist jedenfalls der Wunsch der Partei von Spitzenkandidatin Margarete Bause. An Emsigkeit fehlt es den Parteien im Freistaat offenbar nicht. Es ist der Monat der Klausuren, die Fraktionen kommen zur Kursbestimmung zusammen. Und es ist neun Monate vor der Landtagswahl 2013, nach Auskunft von CSU-Chef Horst Seehofer der "Mutter aller Schlachten".

Ob CSU, SPD, FDP, Grüne oder Freie Wähler - für alle Parteien und ihre Spitzenkandidaten steht viel auf dem Spiel. Wer konnte, der holte noch einmal über die Feiertage Kraft für die anstehenden Monate. Die dürften nach Einschätzung von SPD-Spitzenkandidat Christian Ude zumindest hart werden, wenn nicht gar ein "Höllenritt", wie der Chef der Bayern-SPD Florian Pronold unlängst orakelte. Hatte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt womöglich deshalb in seinen Neujahrsgrüßen vorsorglich Bibelworte gewählt? Er schrieb: "Durch die barmherzige Liebe unseres Gottes wird uns besuchen das aufstrahlende Licht aus der Höhe."

Erstmal kommt jedoch Kreuth - so viel steht fest. In den ersten Januartagen kommt die CSU traditionell in Wildbad Kreuth vor malerischer Bergkulisse zusammen. Mit Kreuth ist der CSU ein Meisterwerk der Selbstinszenierung gelungen. Während die anderen Parteien mit Ausnahme der FDP und ihrem Dreikönigstreffen noch Winterschlaf halten, gehört der CSU für ein paar Tage die ganz große bundespolitische Aufmerksamkeit. Zunächst treffen sich die Bundestagsabgeordneten mit Parteichef Horst Seehofer, wenige Tage später die Landtagsabgeordneten. Das ehemalige Sanatorium ist ein guter Ort, um der Partei den Puls zu fühlen.

Im Moment ist die Partei leicht fiebrig. Einerseits haben Umfragewerte von bis zu 49 Prozent bei den Abgeordneten in der CSU wieder heftige Träume von einer Alleinregierung ausgelöst. Andererseits hat Seehofer mit seinen barschen Lästerattacken auf der CSU-Weihnachtsfeier - seinen Finanzminister Markus Söder nannte er etwa "charakterschwach" und in zu viele "Schmutzeleien" verwickelt - schwere Irritationen ausgelöst, die einer Vertrauenskrise nahekommen. Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer - bei gleicher Gelegenheit von Seehofer als "Zar Peter" verhöhnt - revanchierte sich mit einer spitzen Bemerkung, die darauf abzielte, dass Seehofer gerne bis 2018 im Amt bleiben möchte. Es spiele in Bayern keine Rolle, ob jemand sagt, er wolle noch fünf oder zehn Jahre im Amt bleiben. Die Bayern identifizierten sich weniger mit Personen, sondern mehr mit ihrem Freistaat und mit der CSU als politischem Angebot, spöttelte Ramsauer. In diesem Klima begegnet Seehofer zum Jahresauftakt seinen Parteifreunden und muss prompt für gute Stimmung sorgen, obwohl die Umfragewerte kaum besser sein könnten.

Von wegen, keine Wechselstimmung

Bei der SPD sieht die Lage anders aus. Da könnten die Umfragen besser sein. "Wir müssen zulegen", sagt auch Spitzenkandiat Christian Ude. Das Wahlziel lautet 25 Prozent, zuletzt kamen die Genossen auf 22 Prozent. Für Ude ist das schon ein Erfolg, der Tiefstand war 2011 eine Umfrage mit 15 Prozent. Alles eine Frage des Blickwinkels heißt es in seiner Partei.

Das gilt natürlich auch für Udes Einschätzung, wonach die SPD längst in Bayern regiert: Ob Energiewende, Abschaffung der Studiengebühren, Schutz der Donau beim geplanten Ausbau: "In sämtlichen Fragen hat sich der Kurs der SPD durchgesetzt, die CSU hat einlenken müssen", sagt Ude. Von wegen, es gebe keine Wechselstimmung im Freistaat, sagt Ude. Die SPD habe sie erzeugt. Eigentlich hat die grüne Spitzenkandidatin Margarete Bause bisher nur bei Seehofer eine "Politik des Angebertums" ausgemacht. Aber auch Ude nimmt den Grünen mit seiner einnehmenden Art zunehmend die Luft. 2012 konnte sich Bause im Wettbewerb um Aufmerksamkeit mit Ude und Seehofer nur schwer behaupten. Mit dem Atomausstieg und dem sich abzeichnenden Schwenk beim Donauausbau hat Schwarz-Gelb den Grünen Kernthemen weggenommen.

Die FDP ist vorerst ebenfalls stark mit sich beschäftigt. Am 20. Januar wählen die Niedersachsen einen neuen Landtag und vom Ausgang der Abstimmung dürfte abhängen, ob Philipp Rösler Bundesvorsitzender bleibt. Zwar sagt das in der Bayern-FDP kaum einer offen, aber mit Rösler an der Spitze in den Wahlkampf zu ziehen, davon ist niemand mehr begeistert. Die Liberalen kämpfen um den Wiedereinzug in den Landtag. Und stärker als ihnen lieb ist, schlägt das schlechte Erscheinungsbild im Bund auf die gar nicht so schlechte Bilanz in Bayern durch. Man fühlt sich immer noch als CSU-Bezwinger, immerhin sind die Liberalen seit 2008 Koalitionspartner.

Diese Rolle würde Hubert Aiwanger mit seinen Freien Wählern womöglich übernehmen, wenn es nicht gelingen sollte, die CSU ganz aus der Regierung zu vertreiben. Aber auch die Freien Wähler haben 2013 zu kämpfen - sie müssen all jene, die 2008 aus Frust über die CSU zu ihnen übergelaufen sind, davon überzeugen, dass diese Entscheidung richtig war. 2012 hatte Aiwanger mit seinen populistischen Äußerungen zur Euro-Rettung zwar viel Aufmerksamkeit ergattert, in den Umfragen profitierten die Freien Wähler aber nicht. Ihr politischer Erfolg könnte 2013 darin liegen, die Studiengebühren im Freistaat abgeschafft zu haben. Sie haben den Weg für einen Volksentscheid mit einer Klage freigemacht. Jetzt entscheiden die Bürger.

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