Wahl:Wie die CSU auf ihre Abwahl in Landshut reagiert

Oberbürgermeister Landshut

Der zukünftige Oberbürgermeister Alexander Putz (FDP) in der Altstadt von Landshut.

(Foto: Armin Weigel/dpa)
  • Mit Alexander Putz (FDP) übernimmt am 1. Januar 2017 erstmals nach 46 Jahren wieder ein Politiker ohne CSU-Parteibuch den Chefsessel im Landshuter Rathaus.
  • Putz feierte mit 63 Prozent einen Erdrutschsieg gegen den CSU-Kandidat Helmut Radlmeier.
  • Als erste Amtshandlung hat er bereits angekündigt, die nächste OB-Wahl um zwei Jahre vorzuziehen und gemeinsam mit der Stadtratswahl 2020 abzuhalten.

Von Andreas Glas, Landshut

Als Alexander Putz am Sonntagabend das Lokal "Tiger Lilly" betritt, klatschen die Menschen nicht nur, sie johlen, sie tröten, sie werfen mit Luftschlangen und Konfetti. Es dauert ein paar Minuten, bis Putz sich durch die Menge gequetscht hat, zum Mikro greift und sagt, dass ihm "die Worte fehlen". Was geschwindelt ist, denn er hat dann doch etwas zu sagen: "Ich verspreche Ihnen, ich werde Sie nicht enttäuschen." Inmitten seiner Wahlparty richtet Putz den Fokus gleich mal nach vorn. "Wir müssen überparteiliche Mehrheiten finden", sagt er mit Blick auf die Verhältnisse im Stadtrat, wo er als FDP-Politiker ziemlich allein dastehen wird. Dann sagt er: "Ich baue auf die Zusammenarbeit mit allen Fraktionen."

Alexander Putz weiß genau, dass das Gefühl des Triumphs nicht ewig halten wird. Die Macht, die ein Oberbürgermeister anderswo oft von Beginn an hat, wird sich Putz in Landshut hart erarbeiten müssen. In FDP-Stadtrat Norbert Hoffmann hat er lediglich einen natürlichen Verbündeten. Die übrigen 43 Stadtratsmitglieder muss er wohl erst von seinen Ideen überzeugen. Vielleicht hat Putz ja deswegen ein paar Mal geschluckt, als er am Sonntagabend auf die Leinwand im Landshuter Plenarsaal schaute und dieses sensationelle Stichwahl-Ergebnis aufleuchten sah: Mit 63 Prozent der Stimmen hatten ihn die Landshuter zum Nachfolger von Hans Rampf (CSU) gewählt, der wegen seines Alters nicht mehr zur OB-Wahl antreten durfte.

Ein Erdrutschsieg gegen CSU-Kandidat Helmut Radlmeier, der ursprünglich als Favorit in die Wahl gestartet war - um am Ende mit 37 Prozent der Stimmen abzuschmieren. Mit Alexander Putz übernimmt am 1. Januar 2017 erstmals nach 46 Jahren wieder ein Politiker ohne CSU-Parteibuch den Chefsessel im Landshuter Rathaus. Als erste Amtshandlung hat er bereits angekündigt, die nächste OB-Wahl um zwei Jahre vorzuziehen und gemeinsam mit der Stadtratswahl 2020 abzuhalten.

"Ein sensationelles Ergebnis", sagt Martin Zeil (FDP) auf der Wahlparty. Der frühere bayerische Wirtschaftsminister findet, dass es Putz gelungen sei, "der Veränderungsstimmung in der Stadt ein Gesicht zu geben. Er hat ein parteiübergreifendes Politikangebot gemacht", die Wahl sei deshalb "keine reine FDP-Wahl". Eine erstaunliche Aussage, könnten die Liberalen die historische Wahl doch als Wiederauferstehung der FDP in der bayerischen Kommunalpolitik verkaufen.

FDP-Landeschef Albert Duin sagt am Tag danach zwar, dass Alexander Putz im Wahlkampf "nie verhehlt hat, dass er bei der FDP ist". Auch Duin räumt aber ein, "dass in der Kommune Parteizugehörigkeit eine untergeordnete Rolle spielt". Was ihn nicht an der Aussage hindert, "dass nicht nur Radlmeier eine mitgekriegt hat, sondern die gesamte CSU". Deren Kandidat habe sich "in den letzen Wochen vor der Wahl immer mehr zurückgezogen auf seine Verbindung, die er in den Landtag hat", sagt Duin, "aber ich kann mich doch nicht hinter einer Landesregierung verstecken, die sich für die Kommune vielleicht gar nicht interessiert, sondern nur dafür, dass die CSU dort regiert."

Die Landshuter CSU ist von parteiinternen Kämpfen zerrissen

Während die FDP also vor allem die Niederlage der Christsozialen feiert, fragt sich die Landshuter CSU, wie ihr ein derartiges Debakel passieren konnte. Für eine Fehleranalyse sei es zu früh, sagt der Landshuter Bundestagsabgeordnete Florian Oßner (CSU) am Wahlabend - um dann direkt mit der Analyse anzufangen. Er spricht über die "Grabenkämpfe in der Vergangenheit" und meint damit den parteiinternen Kampf um Macht und Mandate, der die Landshuter CSU so zerrissen hat, dass vor vier Jahren drei Stadträte aus der Fraktion austraten. Danach unternahm der Anführer der Jungen Union einen erfolglosen Putschversuch, er wollte Radlmeier als CSU-Kreischef stürzen. Die Außenwirkung der Landshuter CSU sei zuletzt "nicht immer die Beste gewesen", sagt Florian Oßner. Noch deutlicher drückt es CSU-Parteichef Horst Seehofer aus: "Wenn über Jahre hinweg Uneinigkeit herrscht, das akzeptiert die Bevölkerung nicht." Auch Noch-OB Hans Rampf schimpft am Sonntagabend über die Stadträte, die vor vier Jahren aus der CSU-Fraktion ausgeschert sind und sich nun im OB-Wahlkampf "sehr aktiv auf die Putz-Seite geschlagen haben". Allein an der eigenen Schwäche will Rampf den Erfolg des FDP-Kandidaten aber trotzdem nicht festmachen, dafür ist der 68-Jährige zu diplomatisch. "Die Bürger wollen offensichtlich eine gewisse Persönlichkeit", sagt Rampf über den politischen Seiteneinsteiger Alexander Putz. Obwohl Putz ein Polit-Anfänger ist, traut Rampf ihm durchaus zu, auch die Stadträte anderer Parteien für sich zu gewinnen. "Wenn er nicht auf Konfrontation setzt, sondern das Miteinander sucht, dann wird er auch etwas bewegen können", sagt Hans Rampf.

Und Helmut Radlmeier? Als am Wahlabend die Ergebnisse eintrudelten, zupfte er mit der Hand an seinem Kinn und schaute regungslos auf die Leinwand im Plenarsaal. Er stand neben der Ausgangstür, als wollte er am liebsten wieder verschwinden. Hinterher sagte Radlmeier, er müsse akzeptieren, dass die Landshuter "einfach den Wechsel wollten". Er selbst sei "sehr enttäuscht", werde sich neben seinem Stadtratsmandat nun aber wieder auf seine Aufgabe als Abgeordneter im Landtag konzentrieren und von München aus für die Interessen seiner Heimatstadt kämpfen. Dass die CSU Helmut Radlmeier auch bei der Landtagswahl 2018 zum Direktkandidaten macht, dürfte nach seiner Pleite bei der OB-Wahl allerdings unwahrscheinlicher geworden sein.

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