Süddeutsche Zeitung

Evangelische Kirche:Münchner Regionalbischof Kopp wird neuer Landesbischof in Bayern

Nach der gescheiterten Wahl vom Montag gab es eine tagelange Hängepartie. Nun wurde doch noch ein Nachfolger von Heinrich Bedford-Strohm bestimmt. Der Sieger ist nach der turbulenten Prozedur "ziemlich platt".

Von Annette Zoch

So viel Zeit muss sein. Bevor er das Wahlergebnis verkündet, verliest Walter Schnell, Vizepräsident der bayerischen evangelischen Landessynode, noch ein Bibelwort. Seine Tochter hatte es ihm während des siebten Wahlgangs per Whatsapp geschickt, es steht im 1. Korintherbrief: "Ich ermahne euch aber, Brüder und Schwestern, im Namen unseres Herrn Jesus Christus, dass ihr alle mit einer Stimme redet; und lasst keine Spaltungen unter euch sein, sondern haltet aneinander fest in einem Sinn und in einer Meinung."

In einem Sinn und in einer Meinung - das waren die 106 Mitglieder des evangelischen Kirchenparlaments in den vergangenen Tagen eher nicht. Zumindest war es ihnen am Montag in sechs Wahlgängen nicht gelungen, einen neuen evangelischen Landesbischof zu wählen. Doch am Donnerstag, nach insgesamt vier Tagen, unendlich vielen Stunden Beratungen und zuletzt einer Nachtsitzung bis kurz vor 1 Uhr, kürten die Synodalen Christian Kopp, den 58-jährigen Regionalbischof für den Kirchenkreis München und Oberbayern, zum Nachfolger von Heinrich Bedford-Strohm. Der gibt sein Amt am Reformationstag nach zwölf Jahren im Amt ab, Kopp wird dann in der St. Lorenzkirche in Nürnberg offiziell in sein Amt eingeführt.

Kopp setzte sich im siebten Wahlgang mit 56 Stimmen gegen Nina Lubomierski, die 47-jährige Dekanin aus Landshut, durch. Lubomierski erhielt 43 Stimmen.Eine Frau stand noch nie an der Spitze der evangelischen Landeskirche in Bayern. Lubomierski und Kopp waren allerdings nahezu gleich stark: Im fünften Wahlgang am Montag hatte es ein Patt von 51 zu 51 gegeben, im sechsten Wahlgang entfielen auf Kopp 52 Stimmen, auf Lubomierski 50, bei vier Enthaltungen - zu wenig für die absolute Mehrheit. Die beiden anderen Kandidierenden, Gabriele Hoerschelmann und Klaus Schlicker, hatten bereits am Montag nach dem dritten beziehungsweise vierten Wahlgang zurückgezogen.

Kopp ist in Regensburg geboren. Nach Theologiestudium und Ordination war er Pfarrer in Nürnberg und Studienleiter der Gemeindeakademie Rummelsberg, einer Beratungs- und Fortbildungseinrichtung der evangelischen Landeskirche. Von 2013 bis 2019 war er Dekan in Nürnberg-Süd. Kopp ist mit der Pfarrerin Julia Rittner-Kopp verheiratet, sie haben eine Tochter und zwei Enkelkinder. Ihr Sohn war vor zwei Jahren im Alter von 26 Jahren gestorben. Als Münchner Regionalbischof ist Kopp Mitglied im Landeskirchenrat, er galt deshalb als bevorzugter Kandidat der Kirchenleitung. Als einziger Kandidat war er nicht Mitglied der Synode und konnte deshalb auch nicht mitwählen.

Einen Sinn und eine Meinung bewies die Landessynode am Donnerstag aber dann doch noch: Indem sie sich nämlich hinwegsetzte über eine ausdrückliche Empfehlung des Wahlvorbereitungsausschusses. Der sah nach dem peinlichen Platzen der Wahl am Montag die Gefahr, dass sich das Patt auch im siebten und achten Wahlgang nicht auflösen würde. Ein fortgesetztes Scheitern der Wahl "würde auch die Kandidaten beschädigen und wäre für die Öffentlichkeitswirkung unserer ganzen Kirche verheerend", sagte Oberkirchenrat Hans-Peter Hübner. Doch die Synodalen stimmten mit Mehrheit dagegen und entschieden sich für einen weiteren Wahlgang - diesmal mit Erfolg. Am Ende rief Synoden-Präsidentin Annekathrin Preidel freudig aus: "Ja, so geht evangelische Kirche!", einige Synodale lachten.

Christian Kopp immerhin machte keinen Hehl daraus, dass ihn die vergangenen Tage ziemlich geschlaucht hatten: "Wir haben alle miteinander anstrengende Tage hinter uns", sagte er. Auf dem Weg nach vorne, um Urkunde und Glückwünsche entgegen zu nehmen, machte er bei seiner Gegenkandidatin Nina Lubomierski Halt und umarmte sie herzlich. "Jetzt geht es darum, dass wir wieder zusammenfinden."

Es seien auch für die Gesellschaft anstrengende Zeiten - und die Synode habe einen Teil davon abgebildet. Wieder das Gemeinsame und Verbindende zu suchen, "dafür trete ich an", so Kopp, dessen Instagram-Profil den Namen "leuchtenlassen" trägt. "Für mich ist zentral, dass wir uns auf das konzentrieren, was uns ausmacht - und das ist die Seelsorge." Und dann fügte er hinzu: "Ich bin ziemlich platt und deshalb höre ich jetzt auch auf."

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