Wälder in Bayern:Wird die Douglasie die neue Fichte?

Zapfenpflücker klettern in die Bäume

Ein kerzengerader Stamm, eine dicke, rissige Borke und wertvolles Holz zeichnen die Douglasie aus.

(Foto: dpa)
  • Die Fichte ist der wichtigste Baum für die bayerische Forstwirtschaft - mit ihr wird das meiste Geld verdient.
  • Doch der Nadelbaum leidet zunehmend unter dem Klimawandel.
  • Die Douglasie könnte eine Alternative sein. Doch die anfängliche Euphorie über die invasive Art aus Nordamerika schwindet langsam.

Von Christian Sebald

Was für ein Prachtexemplar von einem Nadelbaum. Kerzengerade ragt die Douglasie mit ihrer groben, rissigen und ein wenig rötlich schimmernden Rinde in den Himmel. Hoch oben in vielleicht 30 oder 35 Metern Höhe breitet sich die voluminöse Krone mit ihren sattgrünen, weichen Nadeln aus. Wenn man sie ein wenig zwischen den Fingern reibt, duften sie nach Zitronen oder Orangen.

Forstminister Helmut Brunner (CSU), der als Waldbauer sehr viel von Bäumen und Forsten versteht, ist begeistert. "Was für ein unglaublicher Baum", sagt er und fasst bewundernd an den Stamm. Kaum vorzustellen, dass die Douglasie keine 60 Jahre alt ist. Auf 80 bis 90 Jahre hätten Brunner und die Förster in seinem Tross ihr Alter geschätzt, so mächtig wie sie dasteht.

Die Douglasie wächst im Staatswald bei Walkertshofen, knapp 30 Kilometer südwestlich von Augsburg. Die TU München unterhält hier eine Versuchsfläche mit einem Douglasien-Buchen-Mischwald. Der Bodenkunde-Professor Jörg Prietzel und seine Mitarbeiter untersuchen hier, wie sich die zwei Baumarten miteinander vertragen. Und Brunner hat sich an diesem Tag in den Walkertshofener Wald aufgemacht, um herauszufinden, ob die Douglasie ein Ausweg sein könnte. Ein Ausweg aus dem Dilemma, in das der Klimawandel die Forstleute stürzt. Dazu muss man zuerst von der Fichte sprechen.

Die Fichte ist der Brotbaum der Forstwirtschaft in Bayern. Mit ihr macht sie das größte Geschäft. 44 Prozent der Wälder im Freistaat sind Fichtenwälder. Fichtenholz ist das am meisten verwendete Holz - gleich ob in der Bauwirtschaft, der Schreinerei, der Zimmerei oder in anderen Holzhandwerken. Aber schon seit einiger Zeit ist klar, dass die Fichte dem Klimawandel nicht trotzen wird.

Selbst wenn das weltweite Zwei-Grad-Ziel - das Ziel also, dass sich die Durchschnittstemperatur bis Ende des Jahrhunderts um maximal zwei Grad gegenüber der vorindustriellen Zeit erhöht - selbst wenn dieses Ziel erreicht wird, stirbt die Fichte in weiten Teilen Bayerns ab. Schon jetzt setzen ihr die häufigeren Trockenperioden arg zu. Dazu kommen Stürme und Schädlinge wie der Borkenkäfer. "Die Fichte", sagt Brunner, "ist ein Auslaufmodell, vor allem in den Wäldern im Flachland."

Deshalb suchen die Forstleute dringend nach Alternativen. Die Douglasie könnte eine sein. Die mächtigen Nadelbäume werden aus der Ferne gerne mit Fichten, aber auch mit Tannen verwechselt. Was den Klimawandel anbelangt, ist die Douglasie sehr viel robuster als die Fichte. Die zwei Grad Erwärmung, die die Fichten nicht aushalten werden, stecken Douglasien locker weg. Und sie wachsen auch schnell. Man kann mit ihnen viel mehr Holz produzieren als mit Fichten.

Es gibt ein Problem mit der Douglasie

Fachleute wie Günter Biermayer, der am Forstministerium das Referat Forstliche Forschung leitet, sprechen von einem "Plus von 50 Prozent". Auf sehr guten Standorten kann es sogar bis zum Doppelten sein. Außerdem bringt Douglasienholz bessere Preise als Fichtenholz - weil es von den Eigenschaften und der Maserung her dem wertvollen Lärchenholz nahe kommt.

Wenig verwunderlich also, dass Forstleute die Douglasie lange Zeit einen "Wunderbaum" nannten. Andere prophezeiten, dass bereits Ende des 21. Jahrhunderts jeder zehnte Baum in den bayerischen Wäldern eine Douglasie sein wird. Denn bisher sind Douglasien in den bayerischen Wäldern sehr selten. Maximal ein Prozent der Bäume dort sind Douglasien. Größere Bestände findet man nur im Köschinger Forst nahe Ingolstadt, im fränkischen Jura bei Hersbruck, am Hofberg in Greding und in den Wäldern rund um das unterfränkische Heigenbrücken. Dort steht auch die mit 62 Metern höchste und gut 120 Jahren älteste Douglasie Bayerns.

Von den euphorischen Prognosen sind die meisten Experten inzwischen aber abgekommen. Denn die Douglasie hat ein Problem. Sie ist keine heimische Baumart. Sie stammt aus dem westlichen Nordamerika - von Kanada bis Mexiko und weit in die Rocky Mountains hinein ist sie die dominierende Baumart. Entdeckt hat sie der Forscher Davis Douglas (1799-1834), von dem sich auch ihr Name ableitet. Douglas brachte die Douglasie 1827 nach Europa. Zunächst wurde sie als Zierbaumart in Gärten und Parks angepflanzt, erst später brachte man sie in Wälder ein.

Das Bundesamt für Naturschutz hat die Douglasie deshalb als invasive Art eingestuft. Als Art also, die heimische Arten verdrängen könnte. Aber das ist nicht der einzige Grund für die neue Zurückhaltung. Die Douglasie ist womöglich verwunderbarer, als es bislang erscheint. So ist sie nicht gefeit vor Schädlingen wie der Douglasiensamenwespe und der Douglasienwolllaus. Auch Pilze wie die Rußige Douglasienschütte oder die Grauschimmelfäule können große Ausfälle hervorrufen.

Deshalb spricht inzwischen sogar der Douglasien-Fan Biermayer davon, dass die Art selbst auf lange Sicht wohl kaum auf einen Anteil in den Wäldern von mehr als fünf Prozent hinauskommen wird. Auch für Forstminister Brunner ist die Douglasie nur "eine Möglichkeit von vielen" gegen die Auswirkungen des Klimawandels auf die Wälder. Bodenkundler Prietzel sieht es nicht anders. Auch wenn er und seine Mitarbeiter in ihrem Forschungswald herausgefunden haben, dass "Douglasien und Buchen in einem Mischwald gut zusammenpassen".

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