Süddeutsche Zeitung

Vor Landtagswahl in Bayern:CSU-Fraktionschef Georg Schmid tritt zurück

CSU-Fraktionschef Georg Schmid tritt nach der Debatte um die Beschäftigung seiner Ehefrau zurück. Das teilte er in einer persönlichen Erklärung mit. Schmid hatte seine Frau aus öffentlichen Geldern üppig bezahlt und deshalb massiv an Rückhalt in der CSU verloren. Für seine Nachfolge gibt es bereits eine Favoritin.

Von Frank Müller und Mike Szymanski

Georg Schmid gibt auf: Der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion ist am Donnerstag von seinem Amt zurückgetreten. Zuvor war bekannt geworden, dass der 60-Jährige seine Frau Gertrud seit 23 Jahren für sich arbeiten lässt und mit monatlich bis zu 5500 Euro aus der Staatskasse für Sekretariatsaufgaben überdurchschnittlich gut bezahlt.

"Nach wie vor bin ich der festen Überzeugung, dass ich mich immer rechtlich und politisch korrekt verhalten habe", heißt es in seiner Rücktrittserklärung von Donnerstagmittag. Die öffentliche Debatte erlaube ihm aber nicht mehr, "meine Arbeit an der Spitze der CSU-Fraktion so zu erfüllen, wie ich das selbst von mir erwarte".

Schmid stolpert damit über die Abgeordnetenaffäre, die die CSU seit Tagen in Atem gehalten hatte und sie nun, fünf Monate vor der Landtagswahl, in eine Krise stürzt.

Das bayerische Abgeordnetengesetz verbietet seit dem Jahr 2000, enge Verwandte anzustellen. Für zuvor abgeschlossene Verträge vereinbarten die Parlamentarier damals jedoch einen Bestandsschutz. Darauf haben sich auch 13 Jahre nach der Neuregelung 17 CSU-Abgeordnete berufen und Frauen und Kinder für sich arbeiten lassen.

Verbreitete Praxis in der CSU

Der Vorsitzende des Haushaltsausschusses im Bayerischen Landtag, Georg Winter, hatte im Jahr 2000 sogar noch seine beiden 13 und 14 Jahre alten Söhne mit Verträgen versorgt. Sie hatten bis vor Kurzen für ihn Computer im Stimmkreisbüro betreut. Auch drei Kabinettsmitglieder der Regierung von Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer versorgten Ehefrauen mit, in dem sie sie aus ihrem Abgeordneten-Budget bezahlten.

Der Fall des Fraktionsvorsitzenden Georg Schmid wiegt besonders schwer. Nach derzeitigen Kenntnisstand hatte kein anderer CSU-Politiker über Jahre hinweg sein Personal so großzügig bezahlt. Bis zuletzt wollte Schmid in dieser Praxis auch nichts Unrechtes erkennen, seine Frau sei "für ihn die Chef-Sekretärin und Chef-Assistentin", verteidigte er sich.

Regierungschef Horst Seehofer hatte an seine Parteifreunde appellieren müssen, die Beschäftigungsverhältnisse zu beenden. Auch Schmid weigerte sich zunächst. Dann jedoch wurde der Druck auf ihn größer, bis er erklärte, das Beschäftigungsverhältnis mit seiner Frau aufzulösen.

Am Mittwochabend brachte der Bayerische Landtag in einer turbulenten Sitzung ein Gesetz auf den Weg, das Arbeitsverträge mit Verwandten ausnahmslos untersagt. Die Opposition warf der CSU vor, die Glaubwürdigkeit der Parlamentarier zerstört zu haben.

Noch in dieser Nacht hat die CSU begonnen, die Ablösung Schmids einzuleiten . "Er sei nicht mehr zu halten." Seehofer hatte Schmid zu diesem Zeitpunkt auch nicht mehr gestützt. Dessen Verwicklungen in die Affäre sei "keine gute Sache".

Suche nach einem Nachfolger

Nachfolgerin für eine Übergangszeit könnte die frühere Sozialministerin Christa Stewens aus dem Stimmkreis Ebersberg werden. "Ich überleg's mir", bestätigte die Abgeordnete der SZ. Stewens wird vor allem von den oberbayerischen Abgeordneten ins Spiel gebracht.

Die 67-Jährige war bis 2008 bayerische Sozialministerin, wurde aber vom damals neuen Ministerpräsidenten Horst Seehofer nicht wieder berufen. Seehofer hatte damals auf Verjüngung gesetzt. Stewens kandidiert bei der Wahl nicht wieder und würde damit nur für wenige Monate amtieren. Damit wäre diese Lösung auch keine Vorfestlegung für eine Neuvergabe der entscheidenden Posten nach der Wahl.

Auch Finanzminister Markus Söder (CSU) werden Ambitionen nachgesagt. Sein Verhältnis zu Seehofer gilt als zerrüttet, als Fraktionschef könnte er künftig unabhängiger von Seehofer agieren. Jedoch würde sein Wechsel in die Fraktion eine Lücke im Kabinett reißen, die nicht ohne Weiteres zu füllen wäre.

Die politische Laufbahn von Schmid gilt als beendet. 1990 kam er in den Landtag. Vor seiner Zeit als Fraktionschef war er Staatssekretär im Innen- und im Sozialministerium.

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