Vor der Landtagswahl:Streit um Wahlwerbung mit Steuergeld

Die geplante Kongressreihe der Regierung sei keine Öffentlichkeitsarbeit, sondern Wahlwerbung, kritisiert die Opposition - und freut sich über die Steilvorlage, die die CSU ihr vor der Landtagswahl geliefert hat.

Kassian Stroh

Es war die Union, die der bayerischen Opposition nun Munition für den Wahlkampf geliefert hat. Wegen der Bundestagswahl 1976 beschwerte sich die CDU vor dem Bundesverfassungsgericht über die damalige sozialliberale Bundesregierung. Sie habe vor der Wahl in unzulässiger Weise mit Staatsgeld Werbung für sich gemacht.

Das Urteil, das daraus resultierte, ist bis heute maßgebend: Öffentlichkeitsarbeit der Regierung sei zulässig, befanden die Richter, finde aber ihre Grenzen dort, wo die Wahlwerbung beginnt. Was sich etwa an der Gestaltung von Anzeigen ebenso ablesen lasse wie an der zeitlichen Nähe zum Wahltermin. Oder wenn gerade vor einer Wahl besonders viel Geld ausgegeben werde.

Dagegen verstoße Ministerpräsident Günther Beckstein mit einer von der Regierung veranstalteten Kongressreihe, kritisieren SPD und Grüne. Die ist seit Monaten bekannt und wird in den Ministerien vorbereitet. Zumindest Teile davon.

Denn das Verwirrende ist: Am 2. Juni stellte Beckstein seinen "politischen Fahrplan bis zur Sommerpause" vor und nannte dabei eine ganze Reihe von Veranstaltungen, darunter auch einige Kongresse, die aber nicht von der Regierung, sondern von der CSU oder der parteinahen Hanns-Seidel-Stiftung (HSS) veranstaltet werden. Ein Beispiel ist der für September geplante Kongress zur Inneren Sicherheit.

Eindeutig zu nahe an der Wahl, findet die Opposition. Aber eine CSU-Veranstaltung in Zusammenarbeit mit der HSS, entgegnete die Staatskanzlei schon am Montag. Die Stiftung indes will von einer Veranstalterschaft nichts wissen und teilt mit, sie vermiete nur einen Raum. Wer den Termin gebucht habe, vermag die Stiftung nicht zu sagen. Es war die CSU, sagt die CSU.

Dass die Staatskanzlei auf eine SZ-Anfrage im April oder auch bei jener Pressekonferenz die CSU-Veranstaltungen ebenfalls erwähnte, sei rein "nachrichtlich" erfolgt und "kein Rechtsverstoß", rechtfertigt sich Staatskanzlei-Sprecher Rainer Riedl. Beckstein sei nun mal Ministerpräsident und zugleich Spitzenkandidat der CSU.

"Trickserei" nennen die Grünen, dass in der Internetversion der Pressemitteilung vom 2. Juni der Hinweis auf eine der CSU-Veranstaltungen, auf den Bildungskongress, verschwunden ist. Das sei vor langem erfolgt und keine Reaktion auf die Kritik, sagt Riedl. SPD und Grüne halten diese Argumentation für wenig stichhaltig und forderten erneut, die Kongresse abzusagen oder aus der Parteikasse zu bezahlen.

Besondere Aufmerksamkeit ist schon deshalb angebracht, da es hier nicht um Geld der Parteien, sondern der Steuerzahler geht: So stehen allein der Staatskanzlei im Jahr mehr als drei Millionen Euro für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung. Zum Vergleich: Der CSU-Wahlkampf soll etwa elf Millionen kosten. Die SPD moniert auch, dass das Kultusministerium vor kurzem eine Anzeigenkampagne "Bildungsland Bayern" startete. Ihr Inhalt: Bayerns Schulsystem ist gut. Ihre Gesamtkosten: gut 600.000 Euro.

Das Ministerium hält das - trotz der bevorstehenden Wahl - für nicht zu beanstanden, da es sich hier um eine "auf klaren Tatsachen beruhende Information der Bevölkerung" handle. Die Abgrenzung zur Parteiarbeit betrifft im Übrigen nicht nur die Regierung: 2002 mahnte der Bayerische Oberste Rechnungshof an, auch die Landtagsfraktionen hätten in manchen Fällen die Trennlinie überschritten und mit ihrem Geld aus dem Staatsetat parteipolitisch Werbung gemacht.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: