Der Refrain geht so: "Liebe brennt so heiß wie Feuer, da gibt es keine Rettung mehr / Wie ein Blitz aus heit'rem Himmel, kommt sie ganz unverhofft daher." Ein Schlager eben. Aber um das Lied geht es nicht, es geht um Markus Hofmann (Freie Wähler), den Sänger des Liedes. Und um die Frage, ob das Singen neuerdings zum Jobprofil eines bayerischen Bürgermeisters gehört.
Erste Station: Bad Kötzting, Oberpfalz. Die Sonne brennt, nun ja, wie Feuer, und Bürgermeister Hofmann, 41, trägt Kurzarmhemd. Er lächelt, wie einer eben lächelt, dessen Lied im Radio läuft und kürzlich die Nummer eins einer Schlager-Hitparade in Nordrhein-Westfalen war. Dank Hofmann ist die Liste der singenden Kommunalpolitiker im Freistaat mal wieder etwas länger geworden. Auf dieser Liste stehen unter anderem: Josefa Schmid (FDP), Bürgermeisterin in Kollnburg; Christian Hanika (FW), zweiter Bürgermeister in Bad Abbach; der Münchner Kreisrat Tobias Thalhammer (FDP). Warum machen die das alle? Höchste Zeit, mal nachzufragen.
"Die Leute wollen das. Du wirst dadurch greifbarer", sagt Markus Hofmann. Er mache keine Musik, um Wähler zu fangen, "aber du kannst das letztendlich nicht trennen, wenn du so ein Amt hast". Also singt er nicht nur für die Hitparade, er singt auch für Kötztinger Brautleute, die er als Bürgermeister traut. "So liab hob i di" von Andreas Gabalier, "The rose" von Bette Midler, solche Sachen. Er will beweisen, dass Politiker mehr können als Reden, Aktenfressen, Sitzungenleiten. Er will, wie man so sagt, ein Politiker zum Anfassen sein. "Das kommt an bei den Leuten", sagt Hofmann - und setzt bei der politischen Imagepflege auf das unpolitischste aller Musikgenres: den Schlager, ausgerechnet. Er wolle eben, "dass die Leute auch mal abschalten können". Der singende Bürgermeister als Feelgood-Manager.
Zweite Station: Kollnburg, Niederbayern. "Wo die Sprache aufhört, da fängt Musik erst an / Musik ist die Sprache, in der man nicht lügen kann." Eine singende Politikerin ist eine ehrliche Politikerin, diese Logik könnte man aus ihren Liedzeilen raushören. Nein, sagt Bürgermeisterin Josefa Schmid, 43, "die Leute wählen mich auch so, da brauche ich die Musik nicht als Beschleuniger". Damals, als sie ihr erstes Lied aufnahm, habe sie "einfach das Bedürfnis gehabt, eine Hymne an die Heimat zu singen. Das war kein Kalkül."
Damals, das war vor vier Jahren. Und ihre Heimat schaut durchs Rathausfenster brutal schön aus: der Pröller, drum herum die Hügel des Bayerwalds. Damals, im Musikvideo, flanierte sie im Dirndl durch die Landschaft, sprang im Bikini in einen See und sang "Weu'sd a Herz hast wie a Bergwerk". In nur zwei Tagen hatte das Video Klicks im fünfstelligen Bereich. Aus allen Ecken der Republik kamen Reporter, um über die singende Bürgermeisterin zu berichten. Ihrer Bekanntheit hat das nicht geschadet, drei Wochen später war Landtagswahl, sie holte in Niederbayern die meisten Stimmen für die FDP - und bekam nur deshalb kein Mandat, weil ihre Partei die Fünf-Prozent-Marke verpasste.
Kein politisches Kalkül, ehrlich nicht? "Mir wäre es lieber, wenn man das fein säuberlich trennt", sagt Schmid. Sie meint ihre Rollen als Politikerin einerseits und als Sängerin andererseits. Dabei hatte sie im Vorspann des Bergwerk-Videos ihr politisches Amt selbst erwähnt. Wahlkampfwerbung, fand Rainhard Fendrich, ließ die Coverversion seines Liedes auf Youtube sperren und gab das Video erst wieder frei, als Schmid den Vorspann gelöscht hatte.
Zwei Jahre später fuhr Schmid zum Videodreh nach Istrien. "Tiziano" hieß das Lied, der Dreh fand vor klassischer Schlagerkulisse statt: Vorne, im roten Abendkleid, Josefa Schmid, dahinter die Meeresbrandung. "Tiziano, ti amo / Tiziano, und mein Puls rast davon / Tiziano, ti amo / Tiziano, die Nacht ist kurz, los komm." Die Botschaft war recht eindeutig: Komm, du schöner Südländer, lass uns, äh, schmusen. Hat die einen an der Klatsche? Ist das nicht zu freizügig für eine Politikerin?