Komponist Günther Behrle:Papst Franziskus wird ein Volksmusik-Hit

Komponist Günther Behrle: Musikproduzent Günther Behrle und die Sänger Kevin & Manuel im Flamingo Studio in Regensburg.

Musikproduzent Günther Behrle und die Sänger Kevin & Manuel im Flamingo Studio in Regensburg.

(Foto: Uwe Moosburger)

Günther Behrle verkaufte den anfangs belachten Song "Patrona Bavariae" 25 Millionen Mal. Jetzt versucht er, den Erfolg zu wiederholen.

Von Andreas Glas, Regensburg

Der Papst wirkt in echt total anders als im Fernsehen. Kein Charisma, keine Aura, gar nix. Ach, stopp, das ist ja gar nicht der echte Papst, das ist nur eine Pappfigur, die da zwischen Kevin und Manuel am Mikro steht.

Kevin kann die heilige Aura trotzdem spüren, "man kriegt da so ein Gefühl, während man singt", sagt er, auch Manuel findet, dass der Papst "ein extremst wichtiger Mann ist, der hat so eine Ausstrahlungskraft". Nebenan, am Mischpult, drückt einer aufs Knöpfchen, aus den Lautsprechern fließt jetzt dieser Keyboardsound, den sonst nur Die Flippers hinkriegen. Der Refrain geht so:

Papa Francesco, Papa Francesco,

bring' den Menschen

wieder Frieden in die Welt.

Papa Francesco, Papa Francesco,

so ein Papst wie du

hat uns schon lang gefehlt.

Günther Behrle, der Komponist, fläzt in einem Ledersessel, ein bisschen so, als fläze er immer noch an diesem Pool in Florida. Dort, wo ihm damals die Idee kam für das Lied "Patrona Bavariae". Hinter ihm, an der Wand, hängen Dutzende Bilderrahmen, immer das gleiche Motiv: Siegfried und Roy. Mal mit weißen Tigern, mal mit Günther Behrle, immer mit Zahnweißgrinsen.

"Der Siegfried", sagt Behrle, und imitiert dem Siegfried seinen amerikanischen Akzent, "der Siegfried hat zu mir gesagt: Wenn du einen Traum hast, musst du auch den Mut haben, es zu machen." Behrle hatte den Mut, damals in den Achtzigern, obwohl in Deutschland "alle gesagt haben: So ein Scheiß! Und dann haben wir 25 Millionen Stück von Patrona Bavariae verkauft."

Es ist wie damals, es kann nur ein Hit werden

Günther Behrle redet schnell und viel, seine Beine wippen. Er ist keiner, der in sich ruht. Er will es noch mal wissen, will sich noch einmal fühlen wie damals, als das Original Naabtal Duo den Grand Prix der Volksmusik gewann. Eben mit Behrles Komposition "Patrona Bavariae", einer volkstümlichen Schunkelhymne auf die Mutter Gottes.

"Ein religiöses Lied", sagt Behrle, genau wie "Papa Francesco", der Song, mit dem er noch mal angreifen will. Und eine zweite Parallele gibt es: Die Idee zu "Papa Francesco" hatte Behrle ebenfalls in Amerika, in der St. Patrick's Cathedral in New York. Es ist wie damals, es kann nur ein Hit werden, da ist er sich sicher.

"Jetzt ist wirklich die perfekte Zeit, wo so ein Papstlied ankommt", findet Manuel, 19, brav gescheitelt, Wollpulli, graue Jeans. Er hat sich Günther Behrle gegenüber gesetzt, auf ein schwarzes Ledersofa, neben ihm lümmelt Kevin, 20, Marco-Reus-Frisur, Zahnspange. Die beiden heißen eigentlich anders, aber Behrle findet, dass die beiden aussehen wie die Fußballer Kevin Großkreutz und Manuel Neuer, drum heißen sie jetzt Kevin und Manuel.

Seit einer Woche ist ihr Album "Papa Francesco" auf dem Markt, samt gleichnamiger Single. Seit einer Woche lebt sie wieder, Behrles Hoffnung auf den ganz großen Hit. Im Flur seines Regensburger Tonstudios hängen all die Plattencover, an denen er mitgeschrieben, mitkomponiert, mitproduziert hat.

Das erfolgreichste Lied in der Geschichte des volkstümlichen Schlagers

Peter Alexander schaut von der Wand, auch Chris Roberts und Bata Ilic, alles schon länger her. Und weiter vorne, im Foyer: die Doppelplatin-Schallplatte "Patrona Bavariae" - das bis heute erfolgreichste Lied in der Geschichte des volkstümlichen Schlagers. Aber halt auch schon länger her, 1988 war's.

"Geändert haben sich nicht die Leute und ihr Geschmack", sagt Günther Behrle, "sondern die Leute in den Plattenfirmen, die vor lauter Runterladen gar nicht mehr wissen, was die Leute auf der Straße wollen." Mit den Plattenfirmen, findet Behrle, ist es wie mit den Pfarrern.

Wenn einer mit Eheproblemen zum Beichten komme, dann könne der Pfarrer auch "nicht mitreden, weil er selber nicht weiß, was in einer Ehe los ist". Bei Papst Franziskus ist das anders, findet Behrle, der sei nah dran am Volk, "der geht auf den Petersplatz und nimmt die kleinen Kinder in den Arm".

So gesehen ist Günther Behrle dem Papst ähnlich. Er will die Leute mit seinen Texten in den Arm nehmen - und so lange drücken, bis ihre Welt wieder eine heile Welt ist.

Weißer Rauch stieg nachts aus dem Kamin

und Millionen Herzen, die erglüh'n.

Dieser Mann gibt uns Vertrauen,

auf sein Wort, da kann man bauen,

und zu glauben hat jetzt wieder Sinn.

Komiker Oliver Kalkofe nannte sie "Hackfressen"

Anfangs wollte keine Plattenfirma das Lied haben. "Wieder mal", sagt Behrle, "wie damals bei Patrona Bavariae, wollte auch keiner." Inzwischen hat er eine Plattenfirma gefunden, er hat das auch Stefan Raab zu verdanken. Im Sommer 2014 hatten Kevin und Manuel ihren ersten Fernsehauftritt, bei Stefan Mross im ZDF.

Hinterher hat sich Raab in seiner Sendung TV Total lustig gemacht über die sehr ungelenke, sehr unsynchrone Tanzperformance der beiden Regensburger. "Das hat was von Augsburger Puppenkiste", sagte Raab damals, das war gemein, aber es hat Kevin und Manuel bekannt gemacht. Auch Komiker Oliver Kalkofe veralberte die zwei Sänger, er nannte sie "Hackfressen".

Ob das nicht weh tue, so lächerlich gemacht zu werden? "Schon", sagt Kevin. "Eigentlich nicht", sagt Günther Behrle, "was Besseres kann dir nicht passieren." Dann sagt auch Manuel: "Von Stefan Raab verarscht zu werden, ist eine Ehre. Und das Kalkofe-Video hat auf Youtube 80 000 Aufrufe, das ist reine Werbung für uns."

Auf dieser Bekanntheit will Behrle aufbauen und da kommt es ihm gelegen, dass Kevin und Manuel früher bei den Regensburger Domspatzen gesungen haben, dass sie Glaubwürdigkeit mitbringen in Glaubensfragen. "Das hilft uns natürlich", sagt Behrle.

Schenke den Armen

heut' dein Erbarmen,

die nicht wissen,

wie es morgen weiter geht.

Papa Francesco, Papa Francesco,

schließ' sie alle, alle ein in dein Gebet.

Sein Tonstudio in Regensburg schaut aus wie ein Amerika-Museum

Er weiß, dass ihm in Deutschland kaum einer zutraut, noch mal einen ganz großen Erfolg zu landen, schon gar nicht mit einem Papstlied. Aber Deutschland ist ja auch ein Land, das den American Dream nur aus der Ferne kennt. Günther Behrle dagegen glaubt an diesen Traum, ach was, er wohnt darin.

Sein Tonstudio in Regensburg schaut aus wie ein Amerika-Museum, die Räume sind thematisch geordnet: New York, Las Vegas, Route 66, überall US-Kitsch. Draußen im Flur spielt ein lebensgroßer Plastik-Elvis Gitarre, daneben eine Zwei-Meter-Oscar-Trophäe, links vom Eingang hat er ein Diner-Restaurant zusammengewürfelt, hinterm Mischpult steht die Freiheitsstatue, die Wände im Klo sind zugeklebt mit Marylin-Monroe-Plakaten.

"Ein bisschen wie in Disneyland", sagt Manuel. "Die Amis, die können's einfach", sagt Günther Behrle und grinst sein Jack-Nicholson-Grinsen. "Mir geht es nicht ums Geld", sagt Behrle, davon habe er inzwischen genug. "Mir geht's darum, den Leuten eine Freude zu machen. Und darum, dass die Leute sagen: Der Behrle, der Hund", hat er's doch wieder geschafft.

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