Unter Bayern:Einmalige Bierzelt-Infrastruktur

Zu wenige Ärzte, zu viele Funklöcher: Ostbayern wird eine schlechte Infrastruktur nachgesagt. Dabei wird ein ganz entscheidender Faktor vergessen.

Glosse von Deniz Aykanat, Regensburg

Niederbayern und der Oberpfalz wird seit Jahrzehnten ein Infrastrukturproblem nachgesagt: zu wenige Arztpraxen und Krankenhäuser, Kindergärten und Krippen, Busse und Bahnen, Theater und Kunstmuseen. Dafür zu viele Mobilfunklöcher und zu langsames Internet. Zumindest auf dem Land. Das lenkt den Blick ab von der wirklich wichtigen immateriellen Infrastruktur: der Versorgung mit Volksfesten. Da kann es bestimmt kein Regierungsbezirk mit Ostbayern aufnehmen.

Nach zwei Jahren Durststrecke besteht die Angst, etwas zu verpassen. Doch bei dem großen Angebot muss man die kommenden Monate erst recht strukturiert angehen. Wer dachte, dass der Mai mit Baumaufstellen und diversen Feiern und Dulten schon gut ausgebucht war, der irrt sich gewaltig. Es geht gerade erst richtig los. Ein in Niederbayern und der Oberpfalz stark vertretenes Lokalblatt hat sich sogar die Mühe gemacht, seinen Lesern einen interaktiven Volksfest-Kalender zusammenzustellen. Ergebnis: Der Juni hat in Ostbayern mehr Volksfeste zu bieten als Tage. Im Juli gehen die Termine nur leicht zurück, erreichen im August ein Plateau auf hohem Niveau und flachen dann zum Herbst hin merklich ab.

Schade eigentlich, man wäre dann ja erst wirklich im Training, kennt alle diesjährigen Bierzelt- und Sommerhits, hat der Lederhosn nach diversen Bierduschen die nötige Street Credibility verliehen und die neuen Schuhe vernünftig eingelaufen. Aber dann ist der Spaß schon wieder vorbei und auch in dieser Zeitung dürfen wir uns wieder mit der drölfzigsten Corona-Welle beschäftigen, Stichwort: Impf- und Intensivbetten-Infrastruktur.

Aber teuer ist es halt schon - nicht nur das Bier, auch der Sprit inzwischen. Und davon braucht man viel in Niederbayern und der Oberpfalz. Die Strecken sind lang, die Bus- und Bahnverbindungen mau, da nützt auch das Neun-Euro-Ticket nichts. Dabei müsste man gerade jetzt aufs Auto verzichten. Die Methode "Tragt mich zum Auto, ich fahr' euch nach Hause!" sollte ein Relikt der Vergangenheit sein. Wie macht das eigentlich Markus Söder, der den Volksfest-Kalender geradezu streberhaft abarbeitet? Angeblich trinkt er nur Alkoholfreies aus dem Masskrug. Einen Fahrer, der nicht ins Auto getragen wurde, hat er natürlich trotzdem.

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