Süddeutsche Zeitung

Tourismus:Zoff um geplantes Hotel an der Mainschleife

Ein Unternehmer will in Volkach ein Hotel bauen, direkt am Fluss. Das verärgert die Bürger. Ihr Protest richtet sich gegen den Bürgermeister, denn das Grundstück gehört der Stadt.

Von Claudia Henzler, Volkach

Im "lieblichen Weinort an der Mainschleife", wie sich Volkach selbst nennt, geht es derzeit ganz und gar nicht lieblich zu. Ein Unternehmer möchte dort direkt am Mainufer ein Hotel bauen, hochwassersicher auf Betonstelzen, wütende Bürger wollen das verhindern.

Deren Wut richtet sich in erster Linie gegen den Bürgermeister der 9000-Einwohner-Stadt, denn ohne das Rathaus wäre das Projekt nicht machbar: Die Stadt will dem Hotelier das notwendige Baugrundstück zur Verfügung stellen.

Dass Bürgermeister und Stadträte seit mehr als einem Jahr in die Pläne eingeweiht waren, ohne die Allgemeinheit von ihren Absichten zu informieren, hat die Gemüter nicht gerade besänftigt. Die Bürger erfuhren erst vom Hotel, als die Idee schon in die Form einer offiziellen Bauvoranfrage gegossen war.

Bald zog der Protest, der in den Reihen des Bundes Naturschutz begann, immer weitere Kreise. Im März gründeten die Hotelgegner schließlich eine Bürgerinitiative, nun haben sie in kürzester Zeit mehr als die notwendigen Stimmen für ein Bürgerbegehren gesammelt. "Die Resonanz war dermaßen groß, dass wir selbst überrascht wurden", sagt Elmar Erhard von der Bürgerinitiative. Er betont auch: "Wir haben nichts gegen ein Hotel. Nur nicht an diesem Ort."

Aus Sicht der Hotelgegner ist die Sache klar: Die Mainschleife, dieser malerische Umweg, auf den sich der Fluss zwischen Kitzingen und Schweinfurt begibt, ist Volkachs Alleinstellungsmerkmal und darf nicht zugebaut und schon gar nicht verschandelt werden. Außerdem liegt der potenzielle Bauplatz im Außenbereich, im Landschaftsschutzgebiet und sogar im Überschwemmungsgebiet und sei deshalb gar nicht genehmigungsfähig.

Dass das Landratsamt Kitzingen zu einem anderen Ergebnis gekommen ist und einen positiven Vorbescheid erlassen hat, lässt Elmar Datzer von der Bürgerinitiative zu dem Schluss kommen, es gebe "ein Komplott" von Investoren, Stadt und Landratsamt - mit dem Ziel, alle Hindernisse in geheimen Vorgespräche aus dem Weg zu räumen. Die Genehmigungsbehörde hat diese Unterstellung scharf zurückgewiesen. Bisher liege noch kein Bauantrag und damit keine Genehmigung vor, betont das Landratsamt, sondern lediglich ein Vorbescheid, in dem Bedingungen und zu klärende Fragen aufgelistet sind.

Unter anderem müsse die Stadt Volkach zunächst ihren Flächennutzungsplan ändern. Und das Antragsverfahren diene durchaus dazu, mögliche Schwierigkeiten zu identifizieren, damit der Antrag dementsprechend angepasst werden kann. "Jeder Bauinteressent hat das Recht, sich vom Bauamt neutral beraten zu lassen", betont das Landratsamt.

Die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt hat große Bedenken gegen das Projekt geäußert, das sie für eine "erhebliche Beeinträchtigung des Naturhaushalts und des Landschaftsbildes" hält. Die amtlichen Naturschützer haben eine ganze Reihe von Auflagen formuliert, die zum Teil schon in die Planung eingeflossen sind, etwa bei der Gebäudehöhe. Andere, etwa zum Artenschutz, müssten erst noch berücksichtigt werden.

Bürgermeister Peter Kornell (FW), dessen Informationspolitik nicht zum ersten Mal in der Kritik steht, verteidigt das Projekt wortreich, geht dabei jedoch sparsam mit Fakten um. Das führt dazu, dass auch auf der Basis veralteter Simulationen und Zahlen über das Hotel gestritten wird. Zumindest Hotelier Ralph Düker ist nun um Aufklärung bemüht, Mitte April will er die Volkacher Bürger zu einer Informationsveranstaltung einladen. Zur Abstimmung, ob die Stadt ihm das Grundstück zur Verfügung stellen darf, könnte es noch vor den Sommerferien kommen.

Das Hotel mit mindestens 55 Zimmern soll in der Nähe der Mainbrücke entstehen, direkt neben einem Campingplatz und vor einer Anlegestelle für Flusskreuzfahrtschiffe. Nun hat Volkach eine frisch sanierte Altstadt mit freundlich hingewürfelten Häusern in satten Farbtönen.

Anders als etwa Marktheidenfeld, wo man sein Getränk in Lokalen mit Blick auf den Main genießen kann, hat die Stadt aber keine Front am Wasser. Der Ort ist abgetrennt vom Fluss, dazwischen liegen ein Wall und eine Staatsstraße. Unten am Main ist wenig geboten: Eine Stahlbogenbrücke dominiert die Szenerie, rechts und links der Brücke liegen ein Kanuverleih, Wohnmobilstellplätze, eine große Kiesfläche und eine Anlegestelle für Linienschiffe, dann kommt ein bisschen Natur mit Bäumen und Büschen.

Dahinter beginnt der lang gezogene Campingplatz, auf dem mehrere feste Gebäude stehen, das neueste ebenfalls auf Stelzen. Sie alle sind allerdings deutlich kleiner als das geplante Hotel. Der Uferstreifen soll zwar nach dem Willen des Stadtrats und mit Zuschüssen aus der Städtebauförderung zu einem "ansprechenden Mainvorland" umgestaltet werden, mit viel mehr Grün oder gar einer Badestelle ist aber nicht zu rechnen. Genaues lässt sich der Bürgermeister nicht entlocken. Es soll jedenfalls noch eine Zufahrt zur Hotelschiffsanlegestelle asphaltiert werden sowie zusätzliche Parkplätze, allein für die Reedereien der Mainschiffe sind zehn Busparkplätze im Gespräch.

Die geplante Umgestaltung der Mainlände habe ihn überhaupt erst auf die Idee gebracht, zwischen Schiffsanleger und Campingplatz ein Hotel zu bauen, sagt Ralph Düker. Er betreibt in Volkach zwei traditionsreiche Hotels und eine Winzerei und will mit dem neuen Projekt vor allem jüngeres Publikum ansprechen, das gerne in Designhotels schläft. "Wir sind der Meinung, dass man den Tourismus weiterentwickeln sollte", sagt Düker.

Die Ängste der Volkacher seien unbegründet, versichert er: "Wir werden einen Teufel tun und da ein hässliches Ding hinstellen." Der Blick auf den Kirchberg und die Silhouette von Volkach werde nicht gestört, der Main und auch das Hotelgrundstück für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Als örtlicher Unternehmer habe er ein besonders hohes Verantwortungsbewusstsein, sagt Düker. "Wir haben ein Jahr an der Planung gearbeitet, weil uns bewusst ist, dass wir an einer sensiblen Stelle planen."

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SZ vom 21.04.2018/haeg
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