Viechtach:Trotzig in der Nische

Die Zeitschrift "Lichtung" widersteht dem Zeitgeist und erfreut seit Jahrzehnten ihre treuen Leser - auf Papier. Nun erscheint sie in neuem Gewand

Von Hans Kratzer, Viechtach

In einer Zeit, in der sich viele Gewissheiten auflösen und das Gewinnstreben zur höchsten Tugend aufgestiegen ist, kommen Nischenprodukte rasch unter die Räder. Umso erstaunlicher ist es, dass die in Viechtach im Bayerischen Wald produzierte Zeitschrift Lichtung seit Jahrzehnten dem Zeitgeist trotzt und immer noch munter existiert. Eva Bauernfeind, die seit 2004 verantwortliche Redakteurin des Heftes ist, gibt im Gespräch mit der SZ gerne zu, dass der kleine Verlag finanziell schon mehrmals in eine Krise gestürzt ist und jeweils kurz vor dem Ende stand.

Mittlerweile sind die Zeiten für derlei Printprodukte noch schwieriger geworden. Die Digitalisierung putzt erbarmungslos vieles weg, was nach Druckerschwärze und Papier riecht. Die achtköpfige Redaktion in Viechtach ficht das nicht an. Einst gegründet als Gegengewicht zu eher konservativ ausgerichteten Hochglanzzeitschriften wie Schöner Bayerischer Wald und der damals noch tiefschwarzen Passauer Neuen Presse, haben sich die Lichtung-Redakteure und -Autoren im Sturmgebraus des Wandels eine dicke Haut zugelegt. Und sie erfreuen sich der nicht nachlassenden Unterstützung ihrer 1300 Abonnenten. "Wir kommen zwar nicht weit über diese Zahl hinaus, aber wir fallen seit Jahren auch nicht nach unten", sagt Bauernfeind. Die Gesamtauflage beträgt 1600 Exemplare.

Die Leser der 1987 von Hubert Ettl gegründeten Zeitschrift wirken sehr beharrlich und geduldig. Sie haben es Jahrzehnte lang ertragen, dass sie nur Schwarz-Weiß-Bilder zu sehen bekamen. Aus Kostengründen, Schwarzweiß war eben lange Zeit billiger als der Farbdruck. Mittlerweile haben sich die Preise angeglichen, weshalb die Lichtung nun in Farbe erscheint. Und nicht nur das. Das neue Heft präsentiert sich nach einem Relaunch in einem neuen Kleid. "Wir waren bei der Stilberaterin", sagt Eva Bauernfeind, und ein erster Blick in das Heft zeigt: Die Mühe hat sich gelohnt. Das Layout ist von der Grafikdesignerin Simone Stiedl erfrischend modernisiert worden, ebenso die Schriftarten, dazu erscheint das Blatt in einem griffigen Papier. Es macht auch haptisch Spaß, darin zu blättern und zum Beispiel die Leitgeschichte über den Regensburger BR-Reporter Thomas Muggenthaler zu lesen, der die Aufdeckung von Unrecht und Gräueltaten in der NS-Zeit zu seinem Lebensthema gemacht hat.

Viechtach: Wir werden wohl immer in der Nische bleiben: Die Geschäftsführerinnen des Lichtung-Verlags Eva Bauernfeind und Christina Pöschl sowie Hubert Ettl, der 1987 das gleichnamige Magazin ins Leben gerufen hat.

Wir werden wohl immer in der Nische bleiben: Die Geschäftsführerinnen des Lichtung-Verlags Eva Bauernfeind und Christina Pöschl sowie Hubert Ettl, der 1987 das gleichnamige Magazin ins Leben gerufen hat.

(Foto: Herbert Pöhnl)

Wer das Blatt nicht abonniert hat, wird sich freilich schwer tun, es im Handel zu finden. "Dort gehen wir einfach unter", resümiert Bauernfeind. Das ist eben das Schicksal der Kleinverlage und ihrer Produkte. Es gibt allenfalls ein paar Bahnhofsbuchhandlungen, die das Heft gut sichtbar auslegen. Dabei glänzt die Redaktion mit großem Fachwissen, vor allem wenn es um die Kernthemen der Lichtung geht, zu denen Denkmalschutz, Ökologie, Kultur und Literatur gehören. Auch die regionale Architektur gilt als eine Herzensangelegenheit, immerhin gehört mit Hans Haslsteiner ein gestandener Architekt zum Team.

Die Reichweite des Magazins reicht über Ostbayern kaum hinaus. In München wird es vor allem von jenen gelesen, die einen heimatlichen Bezug zu Niederbayern und der Oberpfalz haben. Sie erfahren viel Hintergründiges aus jener Region, auch an leidenschaftlichen Kommentierungen fehlt es nicht. Ein Pro und Contra zum neuen Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg hat der Zeitschrift im vergangenen Jahr große Resonanz und ungewöhnlich viele Leserreaktionen beschert.

Trotzdem: "Wir werden wohl immer in der Nische bleiben", gibt sich Eva Bauernfeind keinen Illusionen hin. Es gibt durchaus auch junge Leser, die zur Lichtung greifen, aber Abonnements sind für die junge Generation generell keine Option mehr. Umgekehrt will die Redaktion aber auch nicht ins Internet abwandern. "Wir bleiben ein Printprodukt", sagt Eva Bauernfeind. Ein Plus, das in dieser Breite nicht einmal das Internet bieten kann, ist der Serviceteil, der einen einmaligen Überblick über die Kulturszene in Ostbayern verschafft.

Viechtach: Runderneuert: Die Zeitschrift Lichtung glänzt nun mit einem luftigeren Layout, neuer Schrift und mit farbigen Bildern.

Runderneuert: Die Zeitschrift Lichtung glänzt nun mit einem luftigeren Layout, neuer Schrift und mit farbigen Bildern.

Der Verlag könnte von der Zeitschrift allein nicht existieren, weshalb er neben dem Magazin auch Bücher herstellt. Mehr als 150 Werke wurden bereits publiziert, es handelt sich überwiegend um anspruchsvolle Belletristik. 2017 landete ein Roman von Ulrike Anna Bleier auf der "Hotlist der zehn besten Bücher aus unabhängigen Verlagen". Im Sortiment findet man unvergängliche Perlen der bayerischen Literatur wie den Roman "Es glühen die Menschen, die Pferde, das Heu", in dem Marianne Hofmann die bedrückende Kindheit eines Mädchens in Niederbayern beschreibt.

Überdies leistet sich der Verlag Werke der Lyrik, "das ist es uns wert", sagt Kristina Pöschl, die das Buchgeschäft betreut. Reich werden kann man damit nicht. Immerhin wurde der Verlag 2010 mit dem Kleinverlagspreis des Freistaats Bayern ausgezeichnet. Es war eine Anerkennung für seine feinen Bildbände und Lesebücher, in denen renommierte Autoren wie Harald Grill und Bernhard Setzwein die Metamorphose des Bayerischen Waldes vom ärmlichen Hinterland zur blühenden Tourismus- und Wirtschaftsregion geschildert haben. Dank zeitloser Meisterwerke der Roman- und der Fotokunst aus dem Lichtung-Verlag ist der Aufstieg dieser Region und die Melancholie des Waldlandes hervorragend dokumentiert.

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