Süddeutsche Zeitung

Verschlüsselte Rundfunkprogramme:ORF bleibt weiterhin in Bayern empfangbar

Lesezeit: 2 min

Von Sarah Kanning, München

Es war ein Schock für die Bewohner der bayerischen Gemeinden an der Grenze zu Österreich, als der ORF im vergangenen Herbst ankündigte, seine Programme vom Jahr 2017 an verschlüsselt senden zu wollen. Grenz-Bayern zürnten über den "digitalen Eisernen Vorhang", den der Österreichische Rundfunk hochziehe, Politiker schimpften über "Abschottung" und eine vermeintliche "Zensur"; sie organisierten Info-Abende wie die CSU in Rosenheim oder eine Petition im Landtag wie die Freien Wähler.

Seit Herbst dürfte allen Seiten klar sein: Die Bewohner der Regionen Oberbayerns, Schwabens, Niederbayerns und der Oberpfalz, in denen man österreichisches Fernsehen traditionell frei über Antenne empfangen kann, werden nicht akzeptieren, dass man ihnen das Sehvergnügen stört. Sei es beim Champions-League-Gucken, den neuesten Staffeln von Serien wie "How I met your Mother" und "Big Bang Theory", der Formel Eins oder Skiwettkämpfen mit erstklassigen Kommentatoren wie Armin Assinger.

Nur HD soll verschlüsselt werden

Doch soweit soll es nun wohl erst gar nicht kommen. Jedenfalls gab der ORF nun bekannt, dass die bisherige Standard Definition-Ausstrahlung (SD) von einer Verschlüsselung grundsätzlich nicht betroffen sei. Das heißt: Die Programme von ORF 1 und ORF 2 sind nach der Umstellung der terrestrischen Übertragung von DVB-T auf DVB-T2 zwar in High Definition (HD) verschlüsselt und nur mit einer Smartcard zu entschlüsseln, die österreichischen Staatsbürgern vorbehalten sein wird.

Beide Kanäle werden aber, so der ORF, auch weiterhin in Österreich in SD ausgestrahlt. Damit gehe eine "technisch unvermeidbare Empfangbarkeit" der Signale des ORF in der bayerischen Grenzregion einher. Bewohner können dort demnach auch nach 2017 die Uefa Champions League schauen - nur eben in etwas schlechterer Auflösung. Für die HD-Ausstrahlung ist laut ORF aus lizenzrechtlichen Gründen eine Grundverschlüsselung nötig.

Nach Insider-Informationen kündigte ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz in der jüngsten Plenarsitzung des Publikumsrates Ende Februar an, die Programme ORF 1 und ORF 2 mindestens zehn weitere Jahre lang unverschlüsselt in Standard-Qualität zu senden. Nun muss die österreichische Regulierungsbehörde KommAustria darüber entscheiden

In der Rosenheimer CSU ist man überrascht über den Kurswechsel. "Der ORF rudert zurück und wir wissen nicht warum", sagt CSU-Stadtrat Florian Ludwig. Anders als der ORF es jetzt kommuniziere, sei im vergangenen Herbst nicht bekannt gewesen, dass die Sender in SD weiterhin empfangbar sein würden, sagt Ludwig, doch er gibt sich versöhnlich: "Für uns zählt am Ende das Ergebnis."

TV-Programme als "Fenster der Regionen"

Er glaubt, dass letztlich die Geschlossenheit der bayerischen und österreichischen Grenzregionen Druck auf den ORF ausgeübt habe: Der Kufsteiner Nationalratsabgeordnete Josef Lettenbichler, der Linzer Landeshauptmann Josef Pühringer sowie mehrere Abgeordnete des Tiroler Landtages machten sich demnach für den Erhalt des unverschlüsselten ORF stark. Denn gerade die grenznahen Gemeinden in Österreich wie im Innviertel und im Donauraum profitierten im Tagestourismus von bayerischen Gästen. Die TV-Programme seien ein Fenster der Regionen, sagte Josef Pühringer.

Der Rosenheimer Stadtrat Ludwig will nun dafür kämpfen, dass es nicht bei einer Zusage auf zehn Jahre bleibt und auch die Sender ORF3, ORFsport+, ATV, Puls4 und Servus TV weiterhin allen zur Verfügung stehen. Beim ORF heißt es, dass man sich freue, "dass auch außerhalb Österreichs so großes Interesse an den Programmen des ORF besteht". Um diesem Interesse gerecht zu werden, biete der Rundfunk einen in ganz Europa empfangbaren Kanal an. Doch der Sender ORF 2 Europe läuft nicht im Kabelnetz - er wird gesendet via Satellit.

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Quelle:
SZ vom 12.03.2015
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