Verkehr:"Rechnen mit starkem Personalausfall"

Verkehrsministerin Kerstin Schreyer sieht wegen der vielen Corona-Infektionen unter Umständen den Betrieb von Bus und Bahn gefährdet. Vorsichtshalber hat die Staatsregierung "Eskalationspläne" erarbeitet.

Von Max Weinhold, München

Das bayerische Verkehrsministerium stellt sich und die Träger des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) im Freistaat auf eine hohe Zahl von Corona-Infektionen bei Fahrerinnen und Fahrern von Bussen und Bahnen ein. "Wir rechnen mit einem starken Personalausfall", sagte die zuständige Ministerin Kerstin Schreyer am Dienstag bei einer Sitzung des Verkehrsausschusses im Landtag anlässlich des von ihr vorgestellten Berichtes der Staatsregierung über den ÖPNV in Zeiten der Corona-Pandemie. Das Infektionsrisiko am Arbeitsplatz werde für die Fahrer zwar minimiert, sie könnten sich aber "gegebenenfalls auch privat anstecken".

Gleichwohl berichtete Schreyer von Erkenntnissen aus der zweiten Corona-Welle, denen zufolge es unter Fahrern prozentual zu weniger Ansteckungen gekommen sei als in anderen Personengruppen. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass gerade diejenigen im städtischen Bereich besonders selten krank wurden", sagte die CSU-Politikerin und führte dies auf den durchschnittlich alle drei Minuten stattfindenden Austausch der Luft an Haltestellen zurück.

Für den trotz dieser Beobachtungen von der Landesregierung erwarteten "starken Personalausfall" sind laut Schreyer "Eskalationspläne" vorbereitet. Fahrer würden dafür in unterschiedliche Teams eingeteilt, um Kontakte zu minimieren, sagte Schreyer und dankte den Verkehrsunternehmen für die gute Zusammenarbeit. Die Mobilität gehöre zur Daseinsvorsorge. "Es ist wichtig, dass wir das hinkriegen", betonte die Ministerin und zog nach knapp zwei Jahren Coronavirus ein Zwischenfazit: "Wir haben die Grundversorgung während der gesamten Pandemie hinbekommen."

Schreyer verteidigte außerdem die nun bundesweit geltenden 3-G-Regeln in Bus und Bahn gegen Kritik. Franz Bergmüller von der AfD hatte bemängelt, er halte Kontrollen für "nicht machbar" und die Durchführung dieser Vorgaben für "undenkbar". Schreyer hielt dagegen: "Das Hygiene-Konzept, wie wir es jetzt haben, ist ein kluges", sagte sie und berichtete von ihren persönlichen Erfahrungen bei einer Patrouille mit der Polizei. "Es war für die Leute klar: Es ist nötig. Das ist das allergrößte Geschenk, wenn die Maßnahmen, die die Politik trifft, auf Akzeptanz stoßen."

Insgesamt würden sich die Fahrgastzahlen nach dem Corona-bedingt stärksten Einbruch während der ersten Welle 2020 langsam wieder erholen. Aktuell sei eine Auslastung von 80 Prozent im Vergleich mit Prä-Pandemie-Zeiten festzustellen. Allerdings geht die Ministerin davon aus, "dass es sich zumindest erst mal auf diesem niedrigeren Level einpendelt". Sie kündigte dazu ebenso eine Studie an wie ein "großes Paket für barrierefreie Bahnhöfe".

Für die als Konsequenz der Rückgänge ausgefallenen Erlöse habe das Ministerium im Jahr 2021, sagte Schreyer, 790 Millionen Euro aus Bundes- und Landesmitteln ausgeschüttet. Jürgen Mistol von den Grünen bekannte dazu auch vor dem Hintergrund der geringeren Nutzung, ein Rettungsschirm sei gut, "aber das ist sicher nichts, was wir für die Ewigkeiten so machen können". Schreyer wiederum betonte auch mit Blick auf die Verkehrswende die Notwendigkeit von Staatshilfen für die Unternehmen. "Wenn wir den Umstieg ernst meinen, dann müssen wir schauen, dass alle überleben und die Angebote bleiben."

Darüber hinaus sei die Verfügbarkeit von Personal ein drängendes Thema, um den angestrebten Wandel weg vom Individualverkehr hin zu öffentlichem Personennahverkehr zu ermöglichen. "Wir werden irgendwann an die Grenze kommen, wie viele Fahrerinnen und Fahrer wir haben", sagte Schreyer. "Die ÖPNV-Frage müsste eigentlich über alle Parteigrenzen hinweg eine sehr große Zukunftsfrage sein, wenn wir die Klimadebatte ernst nehmen."

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