Verkehr in Nürnberg:Britische Firma übernimmt S-Bahn-Betrieb

  • Das britische Unternehmen National Express wird künftig die S-Bahn in Nürnberg betreiben - damit ist die Firma der erste private Betreiber eines größeren S-Bahn-Netzes in Deutschland.
  • Die deutsche Tochter des Unternehmens hat den Zuschlag in einer europaweiten Ausschreibung bekommen.
  • Politiker befürchten, dass der Wettbewerb zulasten der Beschäftigten geht.

Briten übernehmen den Betrieb der Nürnberger S-Bahn

Die S-Bahn in Nürnberg soll künftig von einer britischen Firma betrieben werden statt von der Deutschen Bahn. Wie die Bayerische Eisenbahngesellschaft (BEG) mitteilte, erhielt die National Express Rail GmbH den Zuschlag für den Betrieb des S-Bahn-Verkehrs von Dezember 2018 bis Dezember 2030. Das Unternehmen ist damit nach eigenen Angaben der erste private Betreiber eines größeren S-Bahn-Netzes in Deutschland.

Die BEG, die den Regional- und S-Bahn-Verkehr in Bayern kontrolliert, hatte einen europaweiten Wettbewerb für den Betrieb in Nürnberg ausgeschrieben. Den Zugschlag erhielt schließlich die in Nordrhein-Westfalen ansässige deutsche Tochter der National Express. Die Unternehmensgruppe habe weltweit etwa 40 000 Mitarbeiter und betreibe das pünktlichste Bahnnetz in England. Auch in Nordrhein-Westfalen werde National Express 2015 den Betrieb von zwei Regionalverkehrsnetzen übernehmen.

Strenge Qualitätsvorgaben

Für den Betrieb in Nürnberg hat die BEG Qualitätsvorgaben gemacht. Dazu gehören etwa die Vorgabe von einer Mindestanzahl an Sitzplätzen und barrierefreie Toiletten in jedem Wagen. Außerdem wird der künftige Betreiber verpflichtet, Sicherheitspersonal von 21 Uhr bis zum Betriebsschluss sowie an den Wochenenden am frühen Morgen einzusetzen.

Die fünf Nürnberger S-Bahn-Linien werden pro Jahr von etwa 20 Millionen Fahrgästen genutzt. Neben den Strecken von Nürnberg nach Bamberg, Hartmannshof, Altdorf, Neumarkt, Roth und Ansbach soll die britische Firma auch die geplante S-Bahn-Verlängerung über Ansbach nach Dombühl und den heutigen Allersberg-Express betreiben, die künftige S5.

Kritik aus der Politik

Die Vergabe an die britische Privatfirma stößt in der Politik auf Skepsis. Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) sagte am Dienstag, er bedauere die Entscheidung. "Wir sind immer davon ausgegangen, dass wir mit der DB einen bewährten Partner haben", betonte Maly. "Ein S-Bahn-Netz aus dem Stand heraus zu betreiben, ist durchaus schwierig", sagte Maly. Die Stadt werde sehr genau beobachten, ob die Betreiberfirma alle Qualitätszusagen auch tatsächlich erfüllen werde.

Ein Sprecher der Deutschen Bahn teilte mit: "Ein Verlust dieses S-Bahn-Netzes würde für unsere Mitarbeiter in Nürnberg einen herben Schlag bedeuten." Die Vergabe werde nun erst einmal analysiert.

Der Nürnberger Bundestagsabgeordnete Martin Burkert befürchtet, dass der Wettbewerb "auf dem Rücken der Beschäftigten ausgetragen" wird - bei Löhnen und Sozialleistungen. Bei dem neuen Betreiberunternehmen bestehe derzeit kein Tarifvertrag. In Nürnberg betroffen seien nach ersten Erkenntnissen 500 bis 700 Beschäftigte. "Für die Betroffenen geht es jetzt auch um Existenzfragen." Für die Deutsche Bahn sei es ein "schwarzer Tag" gewesen, sagte Burkert.

Reaktionen der Fahrgastverbände

Dagegen sagte Lukas Iffländer vom Fahrgastverband Pro Bahn, man sei gespannt, wie sich ein neuer Anbieter in einer DB-Hochburg wie Nürnberg schlägt. Durch den Wettbewerb strenge sich die Bahn dann etwa bei den Regionalzügen erfahrungsgemäß mehr an. "Das könnte dazu führen, dass in der Summe der Fahrgast der Gewinner ist", sagte Iffländer. Er sehe die Zeit bis zum Start jedoch als relativ knapp an.

Andreas Nagel, Sprecher der Aktion Münchner Fahrgäste sagte, dass die Bayerische Eisenbahngesellschaft "eine mutige Entscheidung getroffen" habe. "Man wird sehen müssen, ob sie Bestand hat - aber sie ist ein deutliches Zeichen für einen pünktlichen S-Bahnverkehr. Mehr Pünktlichkeit würden wir uns für München natürlich auch wünschen."

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