Verhaltenskodex für die CSU:Landtag ein "Freibier-Parlament"?

Den in die Affäre verstrickten Kabinettsmitgliedern sprach er "uneingeschränktes Vertrauen" aus. Er sieht auch keine Notwendigkeit, dass die einfachen Abgeordneten deren Beispiel folgen und ebenfalls Geld zurückzahlen. Seiner CSU machte er trotz scharfer Angriffe aus der Opposition Mut. "Wir lassen uns durch die ständigen Versuche, zu diffamieren und skandalisieren, nicht aus der Reserve locken."

Auch der Landtag hat es nun mit neuen Transparenz-Regeln außerordentlich eilig. Noch in dieser Woche sollen nicht nur die umstrittenen Familienjobs für alle Verwandten komplett verboten werden. Auch das heikle Thema Nebeneinkünfte wird nun im Eiltempo angegangen. Anders als Regierungsmitglieder dürfen normale Abgeordnete zusätzliche Tätigkeiten ausüben, müssen darüber aber bisher kaum Auskünfte abgeben, vor allem nicht über die Höhe. Insbesondere Anwälte verdienen beträchtlich hinzu, von Ex-CSU-Justizminister Alfred Sauter ist der ironische Spruch überliefert, er habe sehr wohl einen Nebenjob: nämlich das Abgeordnetenmandat. Der Bundestag hatte seine Regeln erst kürzlich verschärft. Sie sehen ab der kommenden Legislaturperiode vor, dass Berliner Abgeordnete ihre Nebeneinkünfte in einem zehnstufigen System offenlegen müssen.

Das wollte der Landtag schon vor Monaten übernehmen, aus dem Plan stieg die Landtags-CSU jedoch im April aus. Viele Mittelständler hatten Bedenken, ihre Bilanzen offenzulegen. Die Kritik gibt es zwar noch immer, dennoch ist die CSU nun wieder im Boot. Die öffentliche Debatte verbiete es, das Thema auf die lange Bank zu schieben, heißt es in der Fraktion. Auch Seehofer will "unbedingt" Transparenz bei diesem Thema. Derzeit bremst eher die SPD, der die bisher kursierenden Vorschläge nicht weit genug gehen. Fraktionschef Markus Rinderspacher verlangt, dass Abgeordnete bei Verstößen gegen die Offenlegung auch Strafe zahlen müssen und öffentlich genannt werden. Sie, wie von der CSU gewünscht, nur intern zu rügen, reiche nicht aus. In zahlreichen Sitzungen wollen die fünf Fraktionen nun versuchen, bis zur Plenarsitzung am Donnerstag ein von allen getragenes Modell zu finden.

Immer mehr Aufsehen im Landtag erregt inzwischen die gemeinsame Erklärung "gegen öffentliche Parlamentarismusschelte". 52 Abgeordnete aller Fraktionen haben sie unterschrieben, der Großteil davon (33) aus der CSU. "Wir wehren uns in aller Schärfe gegen eine pauschale und durch nichts begründete Verunglimpfung des Bayerischen Landtags als ,Freibier-Parlament', ,Abzocker-Bude' und ,Selbstbediener-Laden', heißt es darin.

Die Erklärung findet sich inzwischen auch wie eine Präambel auf der Landtags-Homepage. In der SPD sorgte vor allem die darin enthaltene Ehrenerklärung für Landtagspräsidentin Barbara Stamm für Debatten. Deren integre Amtsführung und ehrlicher Einsatz für die Abgeordneten verdienten Respekt, heißt es. Rinderspacher sagte der SZ, Stamm habe die Krise "schlecht gemanagt", die Formulierung sei daher "ein Witz". Dennoch unterschrieben fünf SPD-Abgeordnete, darunter auch Ex-Partei-Vize Thomas Beyer.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: