München (dpa/lby) - Die Beobachtung der AfD bringt den bayerischen Verfassungsschutz inzwischen personell an seine Grenzen. „Wir versuchen es mit den personellen Kapazitäten umzusetzen, die wir haben. Aber ich gebe Ihnen recht, dass wir an unsere Grenzen kommen, wegen der Zahl der AfD-Mitglieder“, sagte Verfassungsschutzpräsident Burkhard Körner am Mittwoch im Innenausschuss des bayerischen Landtags. Zahlen zur Auslastung seiner Mitarbeiter infolge der AfD-Beobachtungen nannte er keine. Er betonte aber, seine Behörde habe neben der AfD noch andere Aufgaben habe, die wahrgenommen werden müssten.
Mit Blick auf den Beobachtungsbedarf von Abgeordneten betonte Körner, dass die sechsmonatige Vorprüfungsfrist noch bis Ende des ersten Quartals beziehungsweise Anfang des zweiten Quartals laufe. Die Schwelle zur Beobachtung eines Abgeordneten sei „sehr, sehr hoch“, seine Behörde müsse dafür belegen können, dass der oder die Abgeordnete sich aggressiv kämpferisch äußere oder es eine Ausnutzung des Mandats gebe. Solange die Prüfungsphase dauere, dürften auch keine Namen der Abgeordneten genannt werden.
Dass es grundsätzlich Bedarf gebe, die AfD hinsichtlich verfassungsfeindlicher Tendenzen und Bestrebungen im Blick zu behalten, ergab sich aus Körners Bericht über die verstärkte Vernetzung der Partei und ihrer Mitglieder mit Rechtsextremisten. Im vergangenen Jahr sei eine „verstärkte Vernetzung zwischen relevanten Akteuren“ der AfD und rechtsextremen Personen festzustellen gewesen, sagte Körner. „Das ist nichts generell Neues, aber die Vernetzungen haben an Quantität und Qualität zugenommen.“
Nach wie vor habe der bayerische Verfassungsschutz nicht alle Funktionäre der AfD im Blick, sagte Körner. Seine Behörde beobachte die AfD seit Juni 2022 und der Fokus liege bisher auf einzelnen Extremisten und deren Einfluss auf die Gesamtpartei.
Körner betonte, dass das Landesamt für Verfassungsschutz in Bayern zwar auch bereits bei einem Verdachtsfall alle nachrichtendienstlichen Mittel einsetzen dürfe, sofern sie verhältnismäßig seien, in Bayern werde dies aber derzeit nicht praktiziert. Daher seien etwa auch keine Informationen über Geldflüsse in Form von Spenden verfügbar.
Körner belegte seine Aussage mit einem Verweis auf mehrere Vernetzungstreffen im vergangenen Jahr, an der AfD-Abgeordnete und sogenannte Vorfeldorganisationen der neuen Rechten teilgenommen hatten, etwa Mitglieder von Burschenschaften und der Identitären Bewegung.
So habe es etwa am 11. November im schwäbischen Dasing (Landkreis Aichach-Friedberg) ein Treffen zum Thema Remigration gegeben, an dem neben AfD-Landtagsabgeordneten unter anderem auch der bekannte Rechtsextremist Martin Sellner teilgenommen hätten.
In der Gesamtschau des Jahres 2023 lägen zahlreiche Belege vor, dass Akteure der AfD extremistische Organisationen nachhaltig unterstützten und mit ihnen kooperierten, betonte Körner. Der Verfassungsschutz werde die verstärkte Vernetzung und derartige Aktivitäten weiter im Blick behalten müssen.
Die Chancen für ein Parteiverbot beurteilt Körner dagegen eher skeptisch. Die Hürden dafür seien hoch und ein Verbot würde auch nicht die Dynamiken ausheben, die hinter der Ideologie der AfD stünden. In dem Fall drohe ein neues Opfer-Narrativ der AfD. Staatsverdrossene Menschen und Verschwörungstheoretiker würden sich eine neue Plattform suchen.
Einzig die Vertreter der AfD im Innenausschuss kritisierten Körners Bericht. Sein „Überraschungsbesuch“ stehe in der allgemeinen Hysterie gegen rechts, sagte Richard Graupner. Nur weil AfD-Mitglieder bei Veranstaltungen seien, die auch von Extremisten besucht würden, bedeute dies nicht, dass die AfD auch deren Meinungen übernehme.
Körner wies die Kritik zurück. Anders als behauptet sei es kein Zufall, wenn die AfD an entsprechenden Veranstaltungen teilnehme. Die Vernetzung werde auch dadurch belegt, dass AfD-Mitglieder ihrerseits die Verflechtungen eigenständig propagierten. Erkennbar sei dies auch an anderen Faktoren: So zeigten sich AfD-Mitglieder auch gerne in T-Shirts, auf denen solidarische Aussagen mit rechtsextremistischen Organisationen stünden oder sie würden öffentlich für ihre Finanzierung werben.
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