Urteil zu Resonanzstudien:Rüffel für die Regierung

Der Verfassungsgerichthof hat entschieden: Die Staatsregierung hat im Umgang mit umstrittenen Meinungsumfragen gegen die Verfassung verstoßen. Die CSU sieht das jedoch anders.

Frank Müller

Die bayerische Staatskanzlei muss ihre umstrittenen sogenannten Resonanzstudien grundsätzlich auf Anfrage eines Landtagsabgeordneten herausgeben. Das entschied der Bayerische Verfassungsgerichtshof am Montag und gab damit einer Klage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Markus Rinderspacher statt.

CSU, Staatskanzlei

Die bayerische Staatskanzlei muss ihre umstrittenen sogenannten Resonanzstudien grundsätzlich auf Anfrage eines Landtagsabgeordneten herausgeben.

(Foto: dpa)

Zur Begründung hieß es, das Recht des Abgeordneten auf eine umfassende Beantwortung sei von der Staatskanzlei verletzt worden. Die Staatskanzlei hatte die Meinungsumfragen zunächst mit der Begründung zurückgehalten, diese berührten den sogenannten Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung.

Die mehr als eine halbe Million Euro teuren Umfragen des Hamburger GMS-Instituts fragten nicht nur allgemeine Einstellungen der Bevölkerung ab, sondern forschten auch nach den Wahlabsichten der Bürger. Dazu kamen Empfehlungen der Sozialforscher an die CSU, wie sie sich im politischen Geschäft verhalten solle. Für Aufsehen sorgte vor allem der Ratschlag, verstärkt die FDP ins Visier zu nehmen (mit der die CSU damals schon koalierte). Genau dies tat Seehofer dann auch.

SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher machte die Resonanzstudien öffentlich und brachte die Sache vor den Verfassungsgerichtshof. In dessen Entscheidung geht es jetzt um die politische Aufarbeitung des Falls: Rinderspacher hatte mehrere parlamentarische Anfragen gestellt, Antworten darauf verweigerte die Staatskanzlei jedoch zum Teil. Das wollte Rinderspacher nicht hinnehmen. Als er klagte, machte die Staatskanzlei eine Wende: Sie gab ihm die Studien und meinte, damit habe sich der Fall erledigt.

Das hat er sich aus Sicht der Opposition keineswegs. SPD und Grüne wittern die unzulässige Vermischung von Staats- und Parteiarbeit, es könne sich sogar um verdeckte Parteienfinanzierung handeln. Seehofers Staatskanzlei hält dagegen: Es sei um die "Erforschung der allgemeinen Meinungsbildung in der Bevölkerung" gegangen - da seien politische Fragen und die Überschneidung von Regierungs- und Parteiarbeit nicht zu vermeiden. Rinderspacher sagte vor der Entscheidung, er erwarte ein "weitreichendes Urteil", das über seine Rechte als Abgeordneter hinaus klären könne, ob die CSU die Staatskanzlei zur Wahlkampfhilfe missbrauchen dürfe.

Die Entscheidung des Gerichtes könnte auch eine Vorentscheidung für die anstehende Entscheidung von Bundestagspräsident Norbert Lammert. Der prüft den Vorwurf der verdeckten Parteienfinanzierung. Sollte er ihn bejahen, drohe der CSU eine Rückzahlung der Kosten für die Studien zuzüglich einer doppelt so hohen Strafzahlung.

Die bayerische Staatskanzlei hält ihre umstrittenen Resonanzstudien indes weiter für zulässig. Meinungsumfragen zum Regierungshandeln seien auch in anderen Ländern und im Bund gängige Praxis, sagte ein Sprecher der Staatskanzlei am Montag in München. Er verwies darauf, dass sich die zuvor verkündete Entscheidung des Verfassungsgerichtshof nur auf den Umfang der Auskunftspflicht bei parlamentarischen Anfragen beziehe, nicht aber auf die Zulässigkeit der Resonanzstudien.

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