Süddeutsche Zeitung

Verdienste um Innere Sicherheit:Vor Vergewaltigung bewahrt

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Innenminister ehrt 34 Menschen für ihre Zivilcourage

Von Dietrich Mittler, München/Augsburg

Es ist der Albtraum schlechthin: Ein Kind geht in die Schule und wird dort Opfer eines Sexualverbrechens. Dass im Oktober 2018 einer neunjährigen Schülerin in Augsburg dieses Schicksal erspart blieb, verdankt sie Anna Wudi - zu dieser Zeit auch erst neun Jahre alt. Am Donnerstag wurde Wudi mit der Medaille für Verdienste um die Innere Sicherheit ausgezeichnet. Bevor aber Innenminister Joachim Herrmann (CSU) der mittlerweile Zwölfjährigen die Medaille überreichte, las einer seiner Sprecher noch die Laudatio vor: "Du hast nicht lange gefackelt und genau das Richtige gemacht", rief er dem Mädchen entgegen.

Anna Wudi ist die Jüngste unter den insgesamt 34 Bürgerinnen und Bürgern aus ganz Bayern, die am Donnerstag in der Alten Kongresshalle in München für ihr entschlossenes Handeln geehrt wurden. Auch wenn der Einsatz des Mädchens für ihre Mitschülerin nunmehr fast drei Jahre zurückliegt, die feierliche Veranstaltung rief auch beklemmende Erinnerungen wach: Ein 21-jähriger Mann hatte sich um die Mittagszeit unbemerkt Zugang zur Wittelsbacher-Grundschule Augsburg verschafft - eine Zeit, zu der viele Eltern ihre Kinder nach dem Unterricht abholen. Dort versuchte er, auf der Schultoilette ein neunjähriges Mädchen zu vergewaltigen.

Als sich Anna gewahr wurde, was da gerade geschah, verständigte sie umgehend ihren Klassenlehrer Hannes Rosenberger. Mitsamt der Schulleiterin Iris Samajdar gelang es diesem, den sich heftig wehrenden Täter so lange festzuhalten, bis die Polizei eintraf. Wie die junge Retterin wurden auch sie mit einer Medaille geehrt. Anna Wudi bekam indes noch ein Extra-Geschenk: "Wir haben für dich auch einen Gutschein für einen Besuch bei der Reiterstaffel!", teilte ihr der Sprecher des Innenministeriums mit.

"Wir brauchen solche Menschen wie Sie, die Zivilcourage zeigen", betonte Innenminister Herrmann in seiner Festrede. Alle seien Vorbilder und könnten darauf stolz sein. In seiner Ansprache ging Herrmann auch auf Dominik Brunner ein, der am 12. September 2009 zwar Jugendliche vor einem gewalttätigen Übergriff einer Gruppe junger Männer bewahren konnte, dann aber am Münchener S-Bahnhof Solln derart schwer verletzt wurde, dass er starb. Herrmann betonte, der Fall Brunner zeige, wie schnell mutige Helfer selbst in Gefahr geraten können.

Auch die nun in der Alten Kongresshalle Geehrten haben sich erheblichen Risiken ausgesetzt: Martina Geret und Gerhard Popp etwa standen in Ansbach 2020 einem Gerichtsvollzieher bei, auf den ein mit einer Sturmhaube maskierter Mann mit seinem Messer einstechen wollte. Gerhard Popp stürzte sich - nachdem er die Hilferufe aus einem Nachbarbüro gehört hatte - sofort auf den bewaffneten Mann. Martina Geret setzte ihr Pfefferspray ein. Daraufhin flüchtete der Täter. Er konnte zwei Tage später festgenommen werden.

An den Fall Brunner erinnert der Einsatz von Markus Donhauser und Markus Graf, die am 29. Dezember 2018 beim Vorbeifahren auf dem Bahnhofsvorplatz in Amberg Männer erblickten, die gerade auf zwei Personen einschlugen und eintraten. Graf und Donhauser griffen trotz der Übermacht der Täter sofort ein, mussten dafür aber selbst Schläge und Tritte einstecken. Minister Herrmann betonte: "Klar ist, dass sich niemand in Lebensgefahr bringen muss." Oftmals helfe es bereits, "nicht wegzuschauen und gleich die Polizei zu verständigen".

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SZ vom 17.09.2021
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