Süddeutsche Zeitung

Verdeckte Ermittlungen:Kripo belauschte BR-Polizeireporter

"Das kann ich mir so nicht bieten lassen": Oliver Bendixen, Polizeireporter des BR, ist ins Visier des BKA in Wiesbaden geraten. Seine Telefonate mit Informanten wurden abgehört, mit dem Dialekt hatten die Beamten jedoch so ihre Probleme.

Von Frank Müller

Die Ermittler im Wiesbadener Bundeskriminalamt nahmen die Sache buchstäblich ernst, als sie das Telefongespräch des BR-Polizeireporters Oliver Bendixen mit einem Münchner Polizisten belauschten. Vier Minuten hatte Bendixen am Handy schon mit einem Mann des Landeskriminalamts gesprochen, so richtig Brisantes ergab sich nicht, wie aus der vom BKA angefertigten Notiz hervorgeht. Das Gespräch geht zu Ende. Wiesbaden protokolliert minutiös mit. "Pfird einer, bis bald, Servus, Ciao", verabschiedet sich Bendixen laut BKA-Vermerk. Pfird einer?

"Pfiad Eana" hätte das BKA geschrieben, wenn es gewusst hätte, was Bairisch ist. Doch in dem Fall Bendixen ist das noch eine der kleineren Ungereimtheiten. Seit nun schon zwei Jahren überzieht die Justiz den bekannten Polizeiexperten des Bayerischen Rundfunks mit einem Ermittlungsverfahren - laut Bendixen selbst nur, weil er seine Arbeit tut und bei Treffen und Telefonaten Kontakt zu Informanten hält. Die Staatsanwaltschaft München I warf Bendixen dagegen Beihilfe zur Bestechlichkeit vor. Er habe seine Kontakte spielen lassen wollen, um gegen 30 000 Euro Bestechungsgeld geheime Ermittlungsakten aus dem LKA zum Fall Hypo-Alpe-Adria zu besorgen.

Bendixen sagt, er habe mit dem Fall noch nie zu tun gehabt

Inzwischen wurde das Ermittlungsverfahren ergebnislos eingestellt, weil Bendixen ebenso wie den beiden mitbeschuldigten LKA-Beamten nichts nachgewiesen werden konnte. Der Ärger aber geht weiter. Die Hintergründe des Falles sind verworren, ein Ex-Redakteur des Magazins Focus spielt ebenso eine Rolle wie ein Geheimagent. Deren in den Ermittlungsakten festgehaltenen, eher wirren Anschuldigungen brachten Bendixen ins Spiel, zu seiner großen Verwunderung, wie er sagt: "Ich habe noch nie etwas mit dem Fall Hypo-Alpe-Adria zu tun gehabt", mit jenem desaströsen Investment der BayernLB also, das bis heute den Freistaat in Atem hält.

Bei der Staatsanwaltschaft fand das Thema dennoch viel Resonanz. Bayerische Justiz- und Polizeibehörden reagieren allergisch auf vermutete Lecks bei geheim zu haltenden Unterlagen. Denn immer wieder werden Akten publik, die die Behörden gerne unter Verschluss behalten hätten.

Für Aufsehen sorgt nun, dass die Justiz offenbar auch Bendixens Telefonanschluss im Bayerischen Rundfunk überwachen wollte. Aus einem mittlerweile vorliegenden Brief der Staatsanwaltschaft an das BKA geht dies klar hervor. Das räumt jetzt Justizminister Winfried Bausback (CSU) in seiner Antwort auf die Anfrage des Grünen-Abgeordneten Sepp Dürr ein. Schließlich habe es einen "plausiblen" Verdacht gegeben. Nur weil das BKA sich weigerte, kam es dazu dann nicht, da "das Bundeskriminalamt bei der gegenwärtigen Verdachtslage keine aktiven verdeckten Ermittlungshandlungen gegenüber Journalisten, insbesondere keine Überwachung der Telekommunikation, vornimmt", wie das BKA recht kühl mitteilte.

Bausback verwies darauf, dass es bei Bendixen selbst keine Abhöraktion gegeben habe.

Die beiden LKA-Männer allerdings wurden sehr wohl observiert - auf diesem Umweg geriet auch Bendixen wieder ins Visier, weil er mit ihnen telefonierte. "Es wurde nicht überwacht, aber mitgeschnitten", sagt Bendixen, den auch dieses empört. "Das kann ich mir so nicht bieten lassen." Auch sein Arbeitgeber ist alarmiert. "Äußerst befremdlich" sei der Vorfall, erklärte der Sender am Montag. "Es bleibt fraglich, wie es bei offensichtlich in diesem Fall dünner Verdachtslage und lediglich aufgrund einer Aussage vom Hören-Sagen überhaupt in Erwägung gezogen werden konnte, einen Journalisten abzuhören."

Für Dürr geht es um einen klaren Eingriff in die Pressefreiheit, der überdies unprofessionell abgelaufen sei. "Und das deckt Bausback."

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SZ vom 16.09.2014/tba
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