Wenn das Schwein in die Gondel geht, ist das Ende nah. Es fährt in eine Gaskammer, die mit Kohlendioxid gefüllt ist. Atemnot tritt ein, das Tier verliert das Bewusstsein. Mit den Füßen zuerst wird das betäubte Schwein am Schlachtband aufgehängt und zum Schlachter gefahren. Der tötet es in den folgenden Sekunden mit einem Messerstich durch Hals und Brust. So stirbt es, bevor es das Bewusstsein zurückerlangt. So soll es sein auf dem letzten Weg. Sitzt der Messerstich aber nicht exakt, kann es passieren, dass das Tier in der Brühanlage wieder aufwacht und qualvoll stirbt.
Im Landshuter Schlachthof Vion, der zu den größten Betrieben seiner Art in Bayern zählt, kam es allein in diesem Jahr mindestens siebenmal vor, dass Schweine schlecht gestochen, also nicht zuverlässig getötet wurden. Eines wurde sogar überhaupt nicht gestochen. So etwas darf nicht passieren, da sind sich Verbraucher und Tierschützer einig.
"Jedes schlecht gestochene Schwein ist eines zu viel", sagt Katrin Pichl vom Deutschen Tierschutzbund. "Tiere müssen nach der Schlachtverordnung effizient betäubt und vor der Brühanlage tot sein." Auch Kai Braunmiller von der Bundesarbeitsgemeinschaft für Fleischhygiene, Tierschutz und Verbraucherschutz fällt ein klares Urteil: "Wenn innerhalb weniger Monate mehrere Schweine nicht oder schlecht gestochen werden, deutet das darauf hin, dass das Management diese Themen nicht entsprechend ernst nimmt."
"Nach zehn Stunden passieren die meisten Arbeitsunfälle"
Mitarbeiter, die über einen Werkvertragspartner am Schlachtband arbeiten, berichten der Süddeutschen Zeitung und dem Bayerischen Rundfunk von einer hohen Arbeitsbelastung. Für das Töten eines Schweins hätten sie zehn Sekunden Zeit. "Das ist anstrengend. Akkordarbeit", sagt einer von ihnen. "Nach zehn Stunden passieren die meisten Arbeitsunfälle, da ist man nicht mehr so konzentriert."
Unterlagen, die dem BR und der SZ vorliegen, legen nahe, dass die gesetzliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden am Tag regelmäßig überschritten wurde. Der Landshuter Betrieb teilt auf Anfrage mit, dass man sich zu diesen Vorwürfen nicht äußern könne, da gerade ein juristisches Verfahren laufe. Der Werksvertragspartner äußerte sich bis Mittwochnachmittag ebenfalls nicht zu den Vorwürfen.
Am Landshuter Schlachthof, der vom niederländischen Konzern Vion betrieben wird, wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Mängel im Tierschutz, der Hygiene und im Arbeitsrecht festgestellt. Das ist in Dutzenden Dokumenten beschrieben: Die Berichte befassen sich auch mit einem Schabenbefall, der mitunter als "nicht unerheblich" bezeichnet wurde und von 2009 bis 2015 in Unterlagen belegt ist. Auf Fotos sieht man Kakerlaken, die am Lichtschalter und auf Edelstahlplatten herumkrabbeln. Bei den Umbauarbeiten waren die Böden zeitweise mit deutlichen Spuren von Baustaub belegt, Förderbänder waren verschmutzt, auch mit Zigarettenasche. Die Waschbecken für die Mitarbeiter waren teilweise defekt.
Kurz: Am Landshuter Schlachthof sind die hygienischen Zustände mitunter eklig und Schweine sterben manchmal qualvoll. Vion bestreitet nicht, dass mehrmals Schweine schlecht gestochen wurden. Schriftlich teilt das Unternehmen mit: "Das sollte nicht vorkommen." Man habe Maßnahmen eingeleitet und werde solchen "erneuten Abweichungen" vorbeugen. Das Schabenproblem habe man durch den Wechsel des Schädlingsbekämpfers im vergangenen Jahr behoben, defekte Waschbecken seien repariert worden, und bei den Umbauten habe man die Hygienevorschriften eingehalten. Die "Lebensmittelsicherheit des in Verkehr gebrachten Fleisches" habe nie infrage gestanden.
Die Stadt Landshut schreibt auf Anfrage, die Verstöße seien "überwiegend" gering und mittelgradig. Sie hätten auf die Lebensmittelsicherheit keine Auswirkung gehabt. Die hygienischen Zustände im Betrieb bewerte man "grundsätzlich als gut".