Bienen, überall Bienen im Saal. Was ein Volksbegehren so alles anrichten kann. Wobei sich im Einzelfall die Frage aufdrängt, wer da eigentlich sitzt - die schlaue Biene Maja oder ihr Kumpel, der dumme Willi? Ludwig Hartmann, grüner Oppositionsführer im Landtag, zeigte sich in seinem Bienenkostüm zumindest clever genug, nicht auch sein Gesicht der bedrohten Insektengattung entsprechend zu maskieren. So erkennt man ihn wenigstens bei der Fastnacht in Franken.
Seit 1987 überträgt das Bayerische Fernsehen die Prunksitzung des fränkischen Fastnachtverbands. Die Einschaltquote war am Freitag mit gut 50 Prozent in Bayern und durchschnittlich 3,79 Millionen Zuschauern bundesweit so hoch, dass die Sendung vermutlich auch 2019 die erfolgreichste aller Dritten Programme sein wird. Das lockt Politiker an, deren Dichte noch nie größer war. Ihr Nutzen für die Sendung hielt sich in Grenzen - allein schon, weil man einen Großteil der Regierenden und Oppositionellen nicht (er)kennt, ob maskiert oder nicht. Das ließ manche Anspielung der Künstler von der Bühne herab versanden. Nicht umsonst waren auch die vielen BR-Interviewer sicherheitshalber mit Spickzetteln ausgerüstet worden, auf denen sich Fotos, Namen und Funktionen der Politiker fanden, die sie vor und nach der Show befragen sollten.
Mit Ausnahme der Landwirtschaftsministerin war das bayerische Kabinett komplett in den Mainfrankensälen von Veitshöchheim versammelt, angeführt von Ministerpräsident Markus Söder. Der wusste seinen langen Marsch in die Staatskanzlei mit stets imposanter Maskerade bei der Franken-Fastnacht und dadurch garantierter Multi-Medienpräsenz zu flankieren. Dieses Mal trug er nur seine schwarz-orange Fliege zum Smoking, als farbliche Reminiszenz an die CSU-FW-Koalition. Sein Vize Hubert Aiwanger tauchte überraschend auch im dunklen Anzug auf, wobei er in Verbindung mit seinen Statements ("Seehoferkostüm", "Räuberzivil") eher an einen eifrigen Klassensprecher erinnerte, der seinem Oberlehrer Söder nacheifert.
Die Zeiten, in denen man die landespolitischen Protagonisten vielleicht nicht immer auf den ersten, aber doch auf den zweiten oder wenigstens dritten Blick erkannte, scheinen vorbei. Selbst bei Gesichtskontrollen fallen Mitglieder der "politischen Kelly Family" (Sitzungspräsident Bernd Händel über die Staatsregierung) durch.
Um ein Haar hätte sogar der leibhaftige Finanzminister bei der After-Show-Party im Veitshöchheimer Gemeindehaus draußen bleiben müssen. Albert Füracker hatte keine Eintrittskarte dabei. Augenzeugen berichten, ein Zerberus im blauen Elferrats-Jackett musste von Umstehenden aufgeklärt werden, wer da Einlass begehrt. Die Künstler taten ihrerseits während der Sendung gut daran, die Polit-Narren in den vorderen Reihen mit Namen und Funktionen anzusprechen, damit das Volk am Fernseher wenigstens wusste, um wen es geht.
Wobei sich, gemessen am zum Teil großartigen Klamauk (etwa von Klaus Karl-Kraus, der nach neunjähriger Pause den Saal rockte), der Anteil politischer Satire dieses Mal in engen Grenzen hielt, vom gewohnt brillant-hintersinnigen Peter Kuhn abgesehen. Vielleicht lag es an der Aufregung um die Macron-Witze der Altneihauser Feierwehrkapell'n voriges Jahr, dass man so gebremst unterwegs war.
Auch dass der BR die Prunksitzung immer mehr zur Promotion anderer Sendungen (Dahoam is dahoam, Franken-Tatort, Ringlstetter) zweckentfremdet, bekommt der Franken-Fastnacht nicht gut. Noch dazu, wenn dann auch noch einer wie Ringlstetter ("ich habe Angst, dass es hier zu wenig Alkohol gibt") samt Partnerin Carolin Matzko unmittelbar vor der Bühne eine laute Ego-Show zelebriert, die Künstler als störend und respektlos empfinden. Und welche Proporzvorgabe verlangt eigentlich, dass spaßbefreite AfD-Politiker von einem Star wie Michl Müller harmlos angewitzelt, aber dreidreiviertel Stunden lang kaum satirisch angegangen werden?
Immerhin gab es diesmal große Gefühle. Kaum, dass die Liveübertragung beendet war, folgte zunächst Markus Söder der Veitshöchheimer Tradition, wonach der Ministerpräsident auf die Narrenbühne steigt und inmitten von adrenalingetränkten Darstellern, Fastnachtern und BR-Granden allen Beteiligten zum tollen Programm und der erstklassigen Stimmung gratuliert. Doch dieser Abend gehörte nicht Söder, sondern Barbara Stamm.
So emotional die Künstler am Ende der TV-Prunksitzung die zu Tränen gerührte ehemalige Landtagspräsidentin aus Würzburg zu ihrem Ausscheiden aus der Politik gewürdigt hatten, ging es danach weiter. Stamm lebt und liebt die Fastnacht auch dann, wenn keine Kameras dabei sind. Und dafür verehren sie umgekehrt die Karnevalisten. Also gab es außer einem gefühligen Lied von Volker Heißmann und einem emotionalen Show-Finale anschließend noch eine Urkunde für Stamm. Damit dürfe sie auf Lebzeit kostenlos jede Fastnachtsveranstaltung besuchen, klärte Verbands-Ehrenpräsident Bernhard Schlereth auf. Wobei die einer zünftigen Feier nie abgeneigte Barbara Stamm sicher sein kann: Sie wird immer und überall erkannt.