Die Klage, dass Kinder nicht mehr wissen, woher ihr Essen kommt und Kühe für lila halten, wurde in den 1980er- und 1990er-Jahren zumindest in den ländlichen Regionen Bayerns noch nicht ausdauernd geführt. Im Gegenteil. Kartoffeln mussten selbst geklaubt und Äpfel gepflückt werden.
Die vermeintlich so glücklichen Landkinder durften die Eier direkt aus dem Hühnerstall holen, konnten Kühe melken und wunderten sich nicht, wenn die Großtante eine Gans rupfte, fest zwischen die Knie geklemmt. Dass die Tiere nicht kopflos und ohne Federn in Supermarkttiefkühltruhen geboren werden, das war bekannt.
Gut, ein bisschen mehr pädagogisches Einfühlungsvermögen statt einem schlichten „Schau kurz weg“ hätte nichts geschadet, wenn den Suppenhennen ohne großes Vertun mit einer Axt der Kopf abgehackt wird. Und der erste Schlachttag, wenn die große Sau, die grad noch gemütlich im Stall gelegen hat, hernach halbiert von der Decke hängt, ist schon auch eindrucksvoll.
Da bleibt ein gewisser Respekt vor dem Fleischverzehr – oder es folgt lebenslanges oder zumindest zeitweises Vegetariertum. Beides auf jeden Fall mit Grundkenntnissen verbunden.

EU-Parlament:Zurück in die Fleischzeit
Produktnamen wie „Veggieburger“ oder „Tofuschnitzel“ sollen verboten werden, so will es eine Mehrheit der Europaabgeordneten. Verbraucherschutz oder Kulturkampf? Auch aus CDU und CSU kommt Kritik.
Das Vegetarier-Dasein war in den Neunzigerjahren ein einsames, im ländlichen Bayern jedenfalls. Verbunden mit ratlosen Gesichtern, wenn der Teenager in der Dorfwirtschaft weder das panierte Seelachsfilet noch den Kloß mit Schweinebratensoße als vegetarische Alternative akzeptieren wollte. Dazu noch der ultimative Tipp von der Oma, die Enkelin möge halt ein Schnitzel essen, wenn sie schon kein Fleisch möge.
Hätte damals in so einer Dorfwirtschaft jemand erzählt, dass es einmal vegane Burger geben würde (überhaupt Burger in einer Wirtschaft!) oder einen Schweinsbraten ganz ohne Schwein, mehr als ein ungläubiges „Schmarrn“ wäre als Reaktion kaum gekommen. Aber mei, hätten sie gesagt, muss ja keiner essen.
Aber dass sogar das EU-Parlament darüber diskutieren würde, ob ein Veggie-Schnitzel wirklich so heißen darf, das wäre vermutlich nicht einmal am Stammtisch nach drei Mass Bier jemandem eingefallen. Weil eine Veggie-Frikadelle mit einem Fleischpflanzerl verwechselt werden könnte? Ach komm.
Oder wann hat sich zuletzt ein Tierfreund mit Grausen abgewendet, als ihm Katzenzungen angeboten wurden? Und wie oft findet sich Leberkäse auf einer Käseplatte? Das kann man schon mal am Stammtisch besprechen, wenn sonst nichts los ist. Aber das langt dann auch.

