Süddeutsche Zeitung

VdK:Pflegende in Not

Sozialverband kritisiert fehlende Hilfsangebote und teure Betreuung

Von Dietrich Mittler

Im Freistaat werden pflegende Angehörige aus Sicht des Sozialverbandes VdK Bayern nur zu oft mit ihren Problemen alleingelassen. "Es brennt an allen Ecken", sagte die VdK-Landesvorsitzende Ulrike Mascher in München. Die Staatsregierung habe es versäumt, ausreichend Pflegestützpunkte zur Beratung der Betroffenen einzurichten. Auch das Angebot an Kurzzeitpflegeplätzen entspreche bei weitem nicht der Nachfrage. Hinzu kämen "explodierende Heimkosten" und ein dramatischer Mangel an ambulanten Pflegediensten. Und: Auf das im Gesetz verankerte Angebot, dass den Pflegebedürftigen bereits beim Pflegegrad eins sogenannte Entlastungsleistungen bei Haushaltsarbeiten zustehen, könnten in Bayern viele nicht zurückgreifen - weil es zu wenig Anbieter für solche Leistungen gibt. "Um die Pflege zur retten, brauchen wir vernünftige Lösungen, die weder auf Kosten der Angehörigen und schon gar nicht auf Kosten der Pflegebedürftigen gehen", erklärte Mascher.

Gemäß einer vom Gesundheitsministerium in Auftrag gegebenen Studie liegt Bayern beim Kurzzeitpflegeangebot bundesweit "im unteren Drittel", wie Mascher sagte. Ende 2018 gab es demnach im Freistaat landesweit nur 635 ausschließlich für Kurzzeitpflege bestimmte Abgebote, welche den Angehörigen eine kurze Auszeit von der häuslichen Pflege ermöglichen. Zum Aufbau weiterer Kurzzeitplätze habe die Staatsregierung zwar auf Initiative von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) ein Programm aufgelegt, das Heimträger dazu ermutigen soll, weitere 500 feste Kurzzeitpflegeplätze einzurichten. "Doch innerhalb eines Jahres wurde nur für 62 Plätze diese Förderung abgeholt", sagte Mascher.

Mindestens ebenso dramatisch sei diese Entwicklung: "Angehörige berichten uns verzweifelt, dass alle ambulanten Pflegedienste in ihrer Region komplett ausgebucht sind, oder dass von den Pflegediensten Verträge gekündigt werden, weil die Anfahrt zu weit oder das Pflegevolumen nicht lukrativ genug ist", sagte Mascher. Die weißen Flecken "auf der bayerischen Pflegelandkarte" würden immer größer. Die Folge: Familien, die nicht mehr ein und aus wüssten, weil sie nun die eigene Berufstätig und die Pflege der Angehörigen ohne die Unterstützung professioneller Dienste unter einen Hut bringen müssen.

Nach Erkenntnissen des VdK "rutschen in Bayern immer mehr Menschen ins finanzielle Abseits" - alte wie junge. Auf diese soziale Schieflage will der Sozialverband im kommenden Jahr am 28. März in München mit einer Großdemonstration aufmerksam machen.

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Quelle:
SZ vom 12.12.2019
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