Blattmacher-Wettbewerb:"Schreiben ist für mich eine regelrechte Sucht geworden"

Blattmacher-Wettbewerb: Die 18-jährige Vanessa Stebel hatte sich mit 13 Jahren vorgenommen, ein Buch zu schreiben. Inzwischen sind es schon neun geworden.

Die 18-jährige Vanessa Stebel hatte sich mit 13 Jahren vorgenommen, ein Buch zu schreiben. Inzwischen sind es schon neun geworden.

(Foto: privat)

Vanessa Stebel ist gewissermaßen ein alter Hase in der Schülerzeitungsredaktion von "Friedo". Zuletzt gewann diese beim Blattmacher-Wettbewerb von SZ, Kultusministerium und Nemetschek-Stiftung. Nun steht das große Finale an.

Interview von Viktoria Spinrad

Liebeskummer, Sexualität, Körperbilder, Feminismus: Das sind die Themen von Vanessa Stebel. Die 18-Jährige ist Teil des zehnköpfigen Redaktionsteams von Friedo, dem in der letzten Blattmacher-Runde preisgekrönten Online-Blog der Beruflichen Oberschule Friedberg, der nun abermals gekürt wird: als bundesweit beste Online-Schülerzeitung einer beruflichen Schule. Sie ist eine von elf bayerischen Redaktionen, die im Bundeswettbewerb erfolgreich waren. Ein Gespräch über schwere Herzen, das Schreiben um vier Uhr morgens und Pläne für die große Preisverleihung in Berlin.

SZ: Ihre Texte kommen etwas schwer daher. Sie sind aber kein Kind von Traurigkeit, oder?

Vanessa Stebel: (lacht) Nein, zum Glück nicht. Ich schreibe einfach gerne über solche Themen. Insgeheim bin ich eine kleine Optimistin. Vielleicht sogar ein bisschen zu sehr.

Wie kommt eine 18-Jährige dazu, Gedichte, Kurzgeschichten über Trennungen und Bücher über Beziehungen zu schreiben?

Wenn man jung ist, stürzt man sich in etwas rein, wovon man bisher nur gehört hat. Und macht dabei auch viele Fehler. Jedes Gefühl wird auf die Goldwaage gelegt, alles ist so wahnsinnig intensiv. In einer meiner Geschichten geht es um ein Mädchen, das von ihrem Schwarm länger nichts gehört hat. Für sie ist das der Weltuntergang!

Also verarbeiten Sie so auch eigene Erlebnisse?

Ja, auch mein Leben und das meiner Freunde inspiriert mich zum Schreiben. Genau wie andere Romane. Schon als ich klein war, hat mir meine Mutter viel vorgelesen. In der Grundschule habe ich dann immer Geschichten geschrieben. Mit 13 hatte ich den Geistesblitz: Ich will ein Buch schreiben. Mittlerweile bin ich beim neunten Buch. Obwohl bisher noch keins davon veröffentlicht wurde, ist das Schreiben für mich eine regelrechte Sucht geworden. Wenn ich mal nicht dazu komme, werde ich traurig. Als hätte ich nicht geschlafen.

Wie lässt sich das Schreiben mit dem vollgepackten Schulalltag einer Elftklässlerin vereinbaren?

Ich stehe um vier Uhr morgens auf. Dann mache ich meine Lichterketten und Kerzen an, lade Artikel für Friedo hoch und schreibe ein Bücherkapitel. Ein weiteres dann am Nachmittag, wenn die Schule rum ist. Oft schreibe ich jeden Tag, insbesondere in den Sommerferien. Meine Familie bekommt mich dann gar nicht mehr vom Laptop weg.

Vier Uhr morgens, und Sie hängen dann nicht wie ein Schluck in der Kurve im Unterricht?

Es geht, ich gehe meist recht zeitig schlafen. Aber wahrscheinlich bin ich in Sachen Schlaf nicht das beste Vorbild (lacht).

Sie haben sich einen Künstlernamen zugelegt: "Vanessa Steen". Wie kommt's?

Ich dachte, ich mach's wie andere Autoren, die sich international aufstellen. Je früher, desto besser. Steen ist kurz, einprägsam - und klingt irgendwie gut (lacht). Auch wenn es noch nicht so geholfen hat. Bisher habe ich nur Absagen von Verlagen. Da ist die Welt für einen Moment immer erst mal etwas trüber. Aber es ist auch eine Chance, die Bücher noch mal genau anzuschauen und weiter zu feilen.

"Ich mag die umstrittenen Themen. Sie lassen viele Meinungen zu und halten die Diskussion offen"

Für Friedo schreiben Sie auch über feministische Themen. Würden Sie sich als Feministin bezeichnen?

Ja, ich bin zu 100 Prozent für Gerechtigkeit. Mamas, die kochen, Papas, die arbeiten: Die Außenwahrnehmung von Frauen kann ich überhaupt nicht leiden. Herr Riegel (Betreuungslehrer der Schülerzeitung, Anm. d. Red.) meinte auch schon, dass ich ruhig über leichtere Themen schreiben könne. Aber ich mag die umstrittenen Themen. Sie lassen viele Meinungen zu und halten die Diskussion offen.

Wie sind Sie zu Friedo gekommen?

Das war die Idee meiner Deutschlehrerin. Ich war erst unsicher, ob ich das alles unter einen Hut bekomme. Aber mein Bruder meinte: Nutze jede Gelegenheit, dein Handwerk zu üben. Meinen ersten Artikel hab ich dann über meine Lieblingssängerin Taylor Swift geschrieben. Dadurch hab ich dann gleich noch andere "Swifties" an der Schule kennengelernt.

Drei Jahre als Schülerzeitungsredakteurin - was nehmen Sie davon mit?

Schon eine Menge, allein durch die Recherchen. Ich weiß jetzt, wie ich Texte angehen kann. Erst brauche ich eine Struktur, muss wissen, was ich mit dem Text erreichen will. Erst dann schreibe ich. Ich habe gelernt, Deadlines einzuhalten, indem ich mir selber welche setze. Dadurch arbeite ich viel schneller und präziser. Wenn man sich verbessert, ist man näher dran, als wenn man versucht, etwas perfekt zu machen. Außerdem haben wir wirklich eine tolle Gemeinschaft. Dank Friedo habe ich viele Freunde gefunden.

Zusammen mit Ihrem Co-Redakteur Gabriel Thamm und dem Betreuer der Schülerzeitung, David Riegel, geht es am Mittwoch nach Berlin. Schon aufgeregt?

Und wie. Ich glaube, ich habe mich noch nie so sehr gefreut. Während meine Mitschüler im Unterricht sitzen, darf ich Workshops über Fake News und Reportagen-Schreiben besuchen und andere Blattmacher aus ganz Deutschland kennenlernen. Ja, das wird richtig toll.

Bereits zum 17. Mal laden die "Süddeutsche Zeitung" und das bayerische Staatsministerium für Unterricht und Kultus die bayerischen Schülerzeitungen ein, am großen Blattmacher-Wettbewerb teilzunehmen. Mitmachen können Schülerzeitungen von Grundschulen, Mittelschulen, Förderschulen, Realschulen, Gymnasien und Beruflichen Schulen aus Bayern. Es werden auch Preise für die besten Online-Schülerzeitungen vergeben.

Die drei besten Print-Redaktionen pro Schulart bekommen zwischen 200 und 500 Euro Preisgeld von der Nemetschek-Stiftung. Auch die besten Online-Schülerzeitungen erhalten Geldpreise. Die Sieger jeder Kategorie zählen zum "Club der Besten" und bekommen ein spezielles Belohnungsprogramm von Nemetschek-Stiftung und SZ. Wie diese Belohnung aussieht, wird erst bei der Siegerehrung verraten.

Einzureichen sind sechs gedruckte Exemplare einer Ausgabe, die zwischen dem 16. Oktober 2021 und dem 10. Juni 2022 erschienen ist. Bei reinen Online-Schülerzeitungen genügt das Absenden des Anmeldeformulars. Einsendeschluss ist der 10. Juni. Weitere Details zur Teilnahme gibt es unter sz.de/blattmacher-wettbewerb.

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