Urteil nach Messerattacke in Töging:"Nicht therapierbar"

Weil er ein Mädchen brutal vergewaltigt hat, ist ein 41-Jähriger zu 13 Jahren Haft verurteilt worden. Anschließend muss er in Sicherungsverwahrung.

Heiner Effern

Schon während der Verhandlung sagte Matthias A., dass er nach seinem Überfall auf das Mädchen in Töging am Inn seine zwischenmenschlichen Kontakte auf zwei oder drei Personen einschränken wolle. Für sehr lange Zeit wird ihm gar nichts anderes möglich sein: Das Landgericht Traunstein verurteilte den 41-Jährigen wegen versuchten Mordes, besonders schwerer Vergewaltigung, Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu 13 Jahren Haft. Dazu ordnete der Vorsitzende Richter Ulrich Becker die Sicherungsverwahrung nach Ablauf der Gefängnisstrafe an. "Wenn es dafür einen klaren Fall gibt, dann ist es dieser", sagte Becker.

Matthias A. werde der Prognose des psychiatrischen Gutachtens zufolge auch in Zukunft "enorm gefährlich" sein. Der Verurteilte, so sehen es die Richter, hat schon seit der Pubertät sadistische sexuelle Phantasien. Nach 17 Jahren in Haft und geschlossenen psychiatrischen Krankenhäusern träumte er nach der Haftentlassung im Oktober 2008 davon, eine Frau zu fesseln, zu vergewaltigen, zu quälen und dann zu töten.

Am Nachmittag des 21. Juli 2009 lauerte er in Töging am Inn tatsächlich einem 16-jährigen Mädchen auf, als es von einem Reiterhof mit dem Rad nach Hause fuhr.

Er hatte Handschellen, ein Messer und flüssigen Grillanzünder dabei, um seine Phantasien in die Tat umzusetzen. Er zog sein Opfer in ein Maisfeld, vergewaltigte es und stach 25 Mal mit einem Messer auf das am Boden liegenden Mädchen ein. Er übergoss die 16-Jährige mit Brandbeschleuniger, zündete sie jedoch nicht an. Zuerst hinderte ihn das Mädchen durch konstanten Widerstand und Gespräche daran, seine von Machthunger und Demütigungen geprägten Phantasien nach Plan umzusetzen.

Später dachte Matthias A. dann, dass die bewegungslos am Boden liegende 16-Jährige tot sei. Da das Verbrennen ihr keine Schmerzen mehr zufügen und damit ihm keine Befriedigung mehr bringen konnte, ließ er sie schwer verletzt zurück.

Die vom Gericht angeordnete Sicherungsverwahrung ist eine logische Folge auf frühere versuchte und erfolgte Vergewaltigungen durch Matthias A. und den Vortrag des psychiatrischen Gutachters Michael Osterheider. Der Professor für forensische Psychiatrie an der Universität Regensburg nannte den Verurteilten einen "sehr bedrohlichen, aktiven Hangtäter".

Bei dem ansonsten psychisch unauffälligen Mann stellte Osterheider eine stark ausgeprägte sadistische Störung fest, die in diesem fortgeschrittenen Stadium "so gut wie nicht behandelbar" ist.

Matthias A. hatte nicht nur eingeräumt, sexuelle Tötungsphantasien zu haben, sondern auch Zellennachbarn nach sogenannten Snuff-Videos gefragt. Auf diesen Filmen werden Menschen tatsächlich vor laufender Kamera umgebracht, um bei den Betrachtern für sexuelle Befriedigung zu sorgen. Der Höhepunkt der sexuellen Gewaltphantasien sei bei Matthias A. wohl noch nicht erreicht, sagte Professor Osterheider. Weitere schwere Straftaten seien zu erwarten, besonders da selbst langjährige Therapien keine Wirkung gezeigt hätten.

Dieser Einschätzung schlossen sich auch Staatsanwalt und Verteidiger in ihren Plädoyers an: Sie beantragten beide die Sicherungsverwahrung. "Nach dieser Hauptverhandlung weiß man, warum wir in Deutschland froh sein können, dass wir diese Möglichkeit haben", sagte Staatsanwalt Volker Ziegler.

Für die Eltern des 16-jährigen Mädchens ist mit der Sicherungsverwahrung das wichtigste Ziel des Prozesses erreicht: "Dass der nicht mehr rauskommt und einem anderen Mädchen dasselbe antut wie unserer Tochter."

Der Gutachter Osterheider ging am Rande seines Berichts auch auf die Frage ein, wie Matthias A. nach langen Jahren in einem geschlossenen psychiatrischen Krankenhaus überhaupt wieder in Freiheit gelangen konnte. Ein Wesenszug von Sadisten sei, sagt der Forensik-Professor, dass diese über lange Zeiträume völlig unauffällig in zwei Parallelwelten leben könnten. Mit einer angepassten Fassade schafften es Sadisten, auch ihre nächste Umwelt über ihr Innenleben zu täuschen und eine normale Sexualität vorzuspielen.

Dass auch Kollegen aus der Fachwelt auf diese Fassade hereingefallen seien, kann Professor Osterheider allerdings nicht nachvollziehen. "Ich hätte mir gewünscht, dass meine Kollegen das kritischer hinterfragt hätten", sagte er.

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