Süddeutsche Zeitung

Urteil in Verwandtenaffäre:Güller schweigt und legt Berufung ein

Überzogen und unverhältnismäßig: Harald Güller ist der erste, der wegen der Verwandtenaffäre verurteilt wurde. Doch der SPD-Landtagsabgeordnete will das Urteil nicht hinnehmen.

Von Stefan Mayr

Der SPD-Landtagsabgeordnete Harald Güller legt gegen die Verurteilung zu 27 000 Euro Geldstrafe wegen Betrugs Berufung ein. Dies bestätigte sein Anwalt Michael Scheerschmidt am Mittwoch. Das Amtsgericht München hatte den 50-Jährigen am Dienstag zur Zahlung von 180 Tagessätzen à 150 Euro verdonnert. Richterin Ines Tauscher sah es als erwiesen an, dass Güller seinen Stiefsohn zwei Monate lang auf Kosten der Staatskasse beschäftigt hatte, obwohl er wusste, dass er damit gegen das Gesetz verstößt. Sollte dieses Urteil rechtskräftig werden, würde die Strafe in Güllers Führungszeugnis auftauchen - was für den Oberregierungsrat a.D. und SPD-Fraktionsvorsitzenden im Augsburger Kreistag keine angenehme Sache ist. Sein Landtags-Mandat ist von der Strafe allerdings nicht bedroht, wie der Landtag auf Anfrage mitteilt.

Dennoch hat Güller sich entschlossen, Berufung einzulegen. "Das Urteil ist unverhältnismäßig", sagt Anwalt Scheerschmidt. "Herr Güller wusste schlichtweg nicht, dass ein Stiefsohn ein Schwager ist." Nach dem Abgeordnetengesetz ist die Beschäftigung von Schwagern ersten Grades verboten. Dennoch hatte Güller im Antrag auf Erstattung der Lohnkosten angekreuzt, dass der Beschäftigte mit ihm weder verwandt noch verschwägert sei. Ähnliches sei auch seiner ehemaligen Landtagskollegin Claudia Jung von den Freien Wählern passiert, betont Scheerschmidt, "aber bei ihr wurde das Verfahren gegen Zahlung einer Geldauflage eingestellt". Auch aus diesem Grund sei das Strafmaß überzogen. Harald Güller selbst wollte sich nicht über die saftige Geldstrafe äußern. Nach dem Urteil hatte er wortlos und fluchtartig das Münchner Strafjustizzentrum verlassen. Auch die Landtags-Fraktionsführung und die Parteispitze der SPD Bayern gaben keinen Kommentar ab. Nach Angaben des Landtags verliert ein Abgeordneter sein Mandat erst, wenn er wegen eines Verbrechens zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr oder länger verurteilt wird.

Güller ist damit der erste Abgeordnete, der wegen der Verwandtenaffäre verurteilt wurde. Gegen den ehemaligen CSU-Fraktionschef Georg Schmid laufen nach wie vor Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Augsburg. Schmid, der dem Landtag nicht mehr angehört, steht unter Verdacht, seine Frau jahrelang als Scheinselbstständige beschäftigt zu haben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1899313
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 27.02.2014
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.