Urteil:Ex-Freundin in Schlosspark niedergestochen: 20-Jähriger muss elf Jahre in Haft

´Wiesentheid-Prozess"

Polizisten suchen im Januar 2016 im Schlosspark in Wiesentheid nach Spuren.

(Foto: dpa)
  • Ein 20-Jähriger ist zu elf Jahren Haft verurteilt worden, weil er seine Ex-Freundin im Schlosspark von Wiesentheid in Unterfranken mit einem Messer attackiert und dann zurückgelassen hat.
  • Sein Komplize muss siebeneinhalb Jahre ins Gefängnis.
  • Die Frau erlitt bei der Attacke schwerste Verletzungen und ist nun auf einen Rollstuhl angewiesen.
  • Der Prozess war von einer Reihe von Pannen durchzogen.

Von Olaf Przybilla, Würzburg

Zu elf Jahren Haft wegen versuchten Mordes hat das Landgericht Würzburg einen 20-Jährigen verurteilt, der im Januar 2016 seine ehemalige Freundin in den Schlosspark von Wiesentheid (Landkreis Würzburg) gelockt und dort mit einem Messer schwer verletzt hat. Der 20-Jährige hatte ein Geständnis abgelegt. Er sei "blind vor Liebe" gewesen und habe seine Ex-Freundin, die ihn verlassen hatte, dafür verantwortlich gemacht, dass er "kein Zuhause, keine Arbeit, keine Familie mehr" gehabt habe.

Sein Komplize wurde zu siebeneinhalb Jahren Haft verurteilt. Beide hatten ihr Opfer nach der Messer-Attacke auf dem Boden des Schlossparks liegen lassen. Die 23-Jährige hatte bei der Attacke schwerste Verletzungen erlitten. Ihr wurde ein Schmerzensgeld von 300 000 Euro und eine monatliche Rente zugesprochen. Sie wird vermutlich lebenslang auf den Rollstuhl angewiesen sein.

So folgenreich der Mordanschlag auf die 23-Jährige war, der Prozess hat auch durch eine Reihe von Pannen für Aufsehen gesorgt. Bereits am ersten Tag hatte der Anwalt des Hauptangeklagten erklärt, er werde eine Einlassung seines Mandanten verlesen, die einem Geständnis gleichkomme. Allerdings erst bei der folgenden Sitzung, nicht am ersten Verhandlungstag. Der Anwalt musste eigens darauf aufmerksam gemacht werden, dass ein Geständnis, das vor Beginn der Beweisaufnahme abgelegt wird, deutlich mehr wert ist als eines, das abgegeben wird, nachdem Kriminalbeamte vorgetragen haben, was sie ermittelt haben. Als Grund für die nicht vorbereitete Erklärung gab der Anwalt "Termingründe" an - nachdem sein Mandant acht Monate in Untersuchungshaft gesessen war. Richter und Staatsanwalt zeigten sich irritiert, die Beweisaufnahme wurde verschoben.

Am zweiten Verhandlungstag blamierte sich dann einer der Berufsrichter: Er kam einfach 100 Minuten zu spät. Weil der Richter auch auf dem Handy nicht erreichbar war, hatte das Gericht den Verhandlungstag bereits absagen wollen. Als der Richter dann doch noch erschien, gab es offenbar keine Erklärung, die das Gericht ohne weitere Blamage hätte öffentlich verkünden können. Er müsse einräumen, hatte der Vorsitzende Richter zur Verzögerung seines Kollegen erklärt, dass es "nicht das beste Bild ist, das das Gericht abgibt".

Kurz vor Bekanntgabe des Urteils drohte der Prozess schließlich noch zu platzen. Wie ein Gerichtssprecher bestätigt, hatte eine Schöffin einen Radiosender angeschrieben: Sie wolle einen Spendenaufruf für das Opfer starten und biete sich nach Urteilsverkündung als Gesprächspartner für den Sender an. Eigentlich ein klares Indiz für eine mögliche Befangenheit der Laienrichterin, einen entsprechenden Antrag stellten die Anwälte der Angeklagten aber nicht. Weil das Verfahren sonst neu aufgerollt und die schwer traumatisierte 23-Jährige erneut vernommen hätte werden müssen, sahen die Anwälte von entsprechenden Anträgen ab.

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