Als die Entscheidung im Landgericht Augsburg vorgelesen wird, beginnen einige Zuschauer zu klatschen - ein Beifall, den Richter Lenart Hoesch sofort wieder unterbricht. Der Mörder der zwölfjährigen Vanessa muss in nachträgliche Sicherungsverwahrung. Dies entschied die Jugendkammer am Donnerstag nach monatelangen Verhandlungen und gab damit dem Antrag der Staatsanwaltschaft statt.
Der heute 30-Jährige hatte im Februar 2002 im Alter von 19 Jahren die ihm unbekannte zwölfjährige Vanessa in ihrem Kinderzimmer in Gersthofen bei Augsburg erstochen. Dabei hatte er sich mit einer Maske als "Tod" verkleidet. Vanessa war ein Zufallsopfer, das Motiv ist bis heute unklar. Die Jugendhöchststrafe von zehn Jahren Haft hat der Täter bereits verbüßt.
Die Staatsanwaltschaft hält Michael W. auch zehn Jahre nach der Tat für "hochgradig gefährlich" und plädierte für eine nachträgliche Sicherungsverwahrung. Die Verteidigung nannte dies Willkür ohne rechtliche Grundlage. Der Prozess lief seit Februar vor dem Augsburger Landgericht.
Der Vorsitzende Richter erklärte in seiner Begründung am Donnerstag, von dem Mann gehe nach wie vor eine "hochgradige Gefahr aus". Der Verurteilte habe Gutachten zufolge große emotionale und soziale Defizite. Er fühle sich fremd in der realen Welt und ziehe sich daher in eine Fantasiewelt zurück.
Allerdings stellte Richter Hoesch Michael W. auch einige Erleichterungen in Aussicht: Wenn dieser seine intensive Therapie fortsetze, könne er in zwei bis drei Jahren mit Lockerungen und in fünf Jahren mit einer Freilassung rechnen.
Zudem ordnete das Gericht an, den verurteilten Mörder von Straubing in die sozialtherapeutische Anstalt nach Erlangen zu verlegen. Dort war Michael W. bereits, die Anstalt äußerte damals allerdings Sicherheitsbedenken. Diese müssten nun zurückgestellt werden, erklärte der Vorsitzende Richter.
"Ein klares Signal für den Schutz der Opfer"
Die Mutter der getöteten Vanessa reagierte erleichtert: "Ich bin froh, dass es so ausgegangen ist." Nun habe Michael W. die Möglichkeit, die Tat therapeutisch aufzuarbeiten. "Ich möchte, dass von ihm keine Gefahr ausgeht", sagte sie.
Auch Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) begrüßte die Entscheidung. Das Gericht habe "ein klares Signal für den Schutz der Opfer gesetzt", sagte Merk. Das sei sehr wichtig gewesen vor allem für die Eltern der kleinen Vanessa, die unermessliches Leid erlitten hätten. Auch in Zukunft müsse die Möglichkeit erhalten bleiben, gefährliche Straftäter nachträglich noch unterbringen zu können, forderte die Ministerin.
Die nachträgliche Sicherungsverwahrung ist äußerst umstritten. Seit das Bundesverfassungsgericht im Mai 2011 alle Vorschriften zur Sicherungsverwahrung für grundgesetzwidrig erklärt hat, ist die Möglichkeit zudem stark eingeschränkt. Eine Neuregelung wird erst zum 1. Juni 2013 in Kraft treten.