Süddeutsche Zeitung

Unwetter in Bayern:"Gonzalo" bringt Chaos und Schnee

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Störungen im Zugverkehr

Ein ausgewachsener Herbststurm hat in Bayern Schäden in Millionenhöhe angerichtet. Die teils orkanartigen Böen - Ausläufer von Hurrikan "Gonzalo" - fegten in der Nacht über den Freistaat hinweg und bescherten den Einsatzkräften von Feuerwehr und Polizei viel Arbeit. In Teilen Oberbayerns fiel kurzzeitig der Strom aus, wie ein Polizeisprecher berichtete. Im Bahnverkehr kam es überall im Freistaat zu Störungen.

Wegen abgerissener Oberleitungen und umgestürzter Bäume auf den Schienen mussten zahlreiche Strecken gesperrt werden. In einigen Bereichen sollten am Mittwoch gar keine Züge mehr fahren, darunter auf der Strecke zwischen Roth und Hilpoltstein.

Besonders betroffen war in der Nacht der Regionalverkehr zwischen Würzburg und Augsburg, auch auf zwei S-Bahnlinien in München kam es zu Beeinträchtigungen, wie ein Bahn-Sprecher mitteilte. Derzeit ist noch der Streckenabschnitt Baierbrunn - Wolfratshausen der Linie S 7 betroffen, er ist voraussichtlich bis in die Abendstunden gesperrt. Ein Schienenersatzverkehr ist eingerichtet.

Hier finden Sie weitere Informationen zu Zugausfällen in Bayern.

Auch die Trambahnen der Linien 25 und 17 waren in München betroffen. Die Linie 25 fährt derzeit nicht zwischen Großhesseloher Brücke und Grünwald, wie die MVG mitteilte. Nach aktueller Einschätzung könne der Trambahnbetrieb Richtung Grünwald erst am Donnerstag wieder aufgenommen werden. Bis dahin fahren Busse im Schienenersatzverkehr zwischen Großhesseloher Brücke und Grünwald. Auf der Linie 17 konnten die Züge am Morgen nicht zwischen Romanplatz und Amalienburgstraße fahren, auf Höhe des Botanischen Gartens drohte ein Baum umzuknicken. Die Straßenbahnen verkehren seit 11 Uhr wieder.

Große Schäden in München

Vor allem umgestürzte Bäume und abgedeckte Hausdächer beschäftigten die Einsatzkräfte. Allein ein Vorfall in München richtete einen Schaden von etwa 500 000 Euro an: Ein etwa 80 Quadratmeter großes Blechdach im Westen der Stadt löste sich samt Dachstuhl von einem Gebäude und begrub drei Autos unter sich. Teile des Daches wurden weggeweht und beschädigten den Zaun einer Schule. "Die Teile mussten mit einem 50-Tonnen-Kran entfernt werden", sagte ein Feuerwehrsprecher in München.

Auf der Auer Dult wurden Verkaufsstände beschädigt. Teile des Daches von der Kirche St. Anna im Lehel lösten sich ab. Die Feuerwehr sperrte den Bereich großräumig ab. In der Landeshauptstadt zählte die Polizei zwischen 21.15 Uhr und 22.15 Uhr 400 Notrufe, die zu 192 Einsätzen führten. Die Feuerwehr rückte zu mehr als 200 Einsätzen aus, im südlichen Oberbayern wurde die Polizei mehr als 250 Mal gerufen.

Autofahrerin stirbt auf regennasser Fahrbahn

In Nürnberg hatten die Beamten mehr als 50 Einsätze. In der Oberpfalz bezifferte die Polizei die Sturmschäden insgesamt auf einen "mittleren bis hohen sechsstelligen Bereich": Durch eine einzige entwurzelte Eiche wurden beispielsweise in Regensburg sieben geparkte Autos beschädigt.

Auf der A 9 bei Pfaffenhofen schleuderten Windböen einen Anhänger in die Mittelleitplanke. Die Autobahn wurde deshalb für drei Stunden gesperrt. Im Landkreis Bayreuth ist eine 46 Jahre alte Autofahrerin bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen. Nach Polizeiangaben war sie mit ihrem Wagen auf der regennassen Bundesstraße 303 zwischen Bad Berneck und Bischofsgrün ins Schleudern gekommen und mit einem entgegenkommenden Pkw kollidiert. Die 72-jährige Frau am Steuer des gerammten Wagens und ihr gleichaltriger Beifahrer kamen schwer verletzt in ein Krankenhaus.

Im Landkreis Starnberg wurde eine Frau leicht verletzt, als ein Baum auf ihr Auto fiel und die Windschutzscheibe zerstörte. Die Frau kam mit Augenverletzungen in ein Krankenhaus.

Flüchtlingszelte in Nürnberg und Erlangen geräumt

Einige Polizeistationen wie in der Oberpfalz und in Nürnberg meldeten umgestürzte Bäume, abgerissene Stromleitungen und abgedeckte Hausdächer.

Sowohl in Erlangen als auch in Nürnberg wurden vorsorglich Zeltunterkünfte für Flüchtlinge evakuiert. In Erlangen kamen nach Angaben des Arbeiter-Samariter-Bundes rund 40 Menschen vorübergehend in einer Turnhalle unter. In Nürnberg mussten zwei Flüchtlingszelte geräumt werden. In ihnen seien 300 bis 600 Asylbewerber untergebracht gewesen, teilte ein Sprecher des bayerischen Flüchtlingsrates mit.

Durch den heftigen Sturm und Regen seien die Zelte am Dienstagabend derart demoliert worden, dass sie unbewohnbar wurden. Die Feuerwehr räumte die beiden Unterkünfte. Die durchnässten Bewohner seien auf andere Unterkünfte verteilt worden.

Sturm bringt Schnee nach Bayern

Der stürmische Wind hat neben kalter Luft auch Schnee nach Bayern gebracht - zumindest in höheren Lagen. Auf Deutschlands höchstem Berg, der 2962 Meter hohen Zugspitze, fielen bis Mittwochfrüh 15 Zentimeter Schnee. Auf dem Großen Arber im Bayerischen Wald war es ein Zentimeter. Aber auch in höhergelegenen Gemeinden wie Oberstdorf und Mittenwald schneite es leicht.

Der Deutsche Wetterdienst warnte vor glatten Straßen. Oberhalb 1000 Meter können nach der Vorhersage bis Freitag an die 80 Zentimeter Schnee fallen. Die Niederschläge lassen nach der Vorhersage aber nach und es wird wieder wärmer.

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