Unverpackt-Laden in Bad Tölz:"Ois ohne" rettet sich mit Abo-Modell

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Der Unverpackt-Laden "Ois ohne" in Bad Tölz hat überlebt. Der Vorstand um Andreas Munkert (re.) stellte die Finanzierung erfolgreich auf ein Abo-System um. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Plastikfrei-Geschäft an der Hindenburgstraße stand vor einem Jahr vor dem Aus. Ein neues Finanzierungssystem sicherte das Überleben und stößt mittlerweile deutschlandweit auf Interesse.

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Vor einem Jahr hätte es für das "Ois ohne" in Bad Tölz beinahe geheißen: Ois aus. Der kleine Unverpackt-Laden an der Hindenburgstraße befand sich schon so gut wie in der Abwicklung, "wir hatten nur noch die Möglichkeit, aufzuhören und zum Jahresende zuzumachen", erinnert sich Andreas Munkert. Die Einnahmen hatten zum Überleben schlicht nicht ausgereicht. Da kam ihm und den anderen Vorstandsmitgliedern die rettende Idee: Sie stellten die Finanzierung auf ein Abonnement-System um. Das plastikfreie Geschäft steht trotz Corona-Folgen, Energiekrise und Inflation nun solide da, was das Interesse vieler Unverpackt-Läden weckte. Er habe deshalb eine Menge Anfragen "aus ganz Deutschland, bis in den hohen Norden" erhalten, berichtet Munkert.

"Wenn ich über ein Guthaben verfüge, dann mache ich auch etwas"

Das neue Modell ist einfach: Kunden schließen zunächst ein Abonnement für ein Jahr ab, wofür sie zwischen 20 und 150 Euro im Monat bezahlen. Diese Gebühr wird per Lastschrift vom Konto abgebucht, und die Abonnenten können dafür mit einem persönlichen Code ohne Bargeld einkaufen. Dieses System gebe den Klienten "so einen kleinen Stupser", tatsächlich in das Geschäft zu kommen. "Denn wenn ich über ein Guthaben verfüge, dann mache ich auch etwas", sagt Munkert. Ansonsten bleibe es oftmals nur beim guten Vorsatz. Im zweiten Jahr ist das Abo monatlich kündbar.

Unverpackt-Läden haben es auch ohne Krisen schwer, finanziell über die Runden zu kommen. Das Sortiment ist meist überschaubar, die Waren teuer, der Kundenkreis klein, der Einkauf kostspielig, die Pacht oft hoch. In Bad Tölz steht eine Genossenschaft hinter dem "Ois ohne". Der Versuch im vergangenen Jahr, die circa 180 Mitglieder zu einem bestimmten Monatsbeitrag zu verpflichten und so den Fortbestand des Ladens zu sichern, scheiterte jedoch. "Die Resonanz war gering", sagt Munkert.

Etwa 280 Abonnenten stützen das neue Finanzierungssystem

Anders beim neuen Modell: Etwa 280 Abonnenten stützen dieses System ein Jahr nach seiner Einführung. Damit sind die rund 10 000 Euro gesichert, die nach Munkerts Berechnungen für das Überleben des kleinen Geschäfts notwendig sind. "Wenn man sieht, wie viele Unverpackt-Läden zugemacht haben, ist es gut gelaufen", sagt er über das "Ois ohne", das 2019 auf Initiative von Diana Meßmer eröffnet wurde. Und es sei schon etwas Besonderes, wenn sich Bad Tölz eine solche Adresse noch leisten könne, während große Vorbilder in Köln mittlerweile schließen mussten.

Neben dem Abo hat das "Ois ohne" noch den Vorteil, dass etwa Hotels zu den Kunden gehören, die Seifen schon mal in großer Menge abnehmen. Außerdem gehört das Haus an der Hindenburgstraße einem Tölzer Malermeister, der selbst im ersten Stock wohnt und einer der Ois-ohne-Abonnenten ist. "Der Eigentümer ist bei der Miete sehr kulant, das ist Gold wert", sagt Munkert. Trotz allem ist der rund 50 Quadratmeter kleine Laden alles andere als ein Selbstläufer. Am Ende sei man froh, wenn man mit plus minus null herauskomme. "Wir müssen schauen, dass wir bekannt bleiben."

Das Sortiment im "Ois ohne" ist klein, aber vielfältig. Auch Gewürze gehören dazu. (Foto: Manfred Neubauer)

Immerhin ist der finanzielle Spielraum groß genug, um zwei Teilzeitkräfte und drei Minijobber zu beschäftigen. "Ihnen müssen wir nun nicht sagen: Wir wissen nicht, ob wir euch nächstes Jahr noch behalten können", sagt das Vorstandsmitglied. Dieser Personalstand ist auch nötig, denn vor allem vormittags ist die Kundenfrequenz in der Hindenburgstraße 11 nicht eben gering. Einen Mittagstisch wie in der Anfangszeit gibt es zwar nicht mehr, dafür aber eine Kaffeeecke mit selbst gebackenen Kuchen und Stollen.

Ansonsten ist das Sortiment zwar klein, aber vielfältig: grüne Eier, Getreide, Mehlsorten, Hülsenfrüchte, Müsli, Nudeln, Nüsse, Reis, Trockenfrüchte und Knabbereien gehören ebenso dazu wie Kosmetik, Schreibwaren oder auch Molkereiprodukte. Alles ohne Verpackungsmaterial. Manche Lebensmittel können die Kunden in mitgebrachte Behälter füllen. "Bei der Qualität sind wir auf Bio-Laden-Niveau", sagt Munkert. Was die Preise angeht, so sei "Unverpackt nicht teurer als Bio".

Der Kundenkreis ist ebenso divers. Ja, sagt Munkert, "wir haben auch die Voll-Ökos, die barfuß reinkommen". Aber ansonsten seien alle gesellschaftlichen Gruppen dabei - "das ist das Schöne". Der Single, die Familie, der SUV-Fahrer, die Firma, der Geschäftsmann, die Rentnerin, der Jugendliche. Zwischendurch sind auch immer wieder Schulklassen zu Gast, die das nachhaltige Konzept des Unverpackt-Ladens kennenlernen. Im November, sagt Munkert, sei im Ois ohne "gut was los gewesen". Nun hofft er wie alle Einzelhändler auf das Weihnachtsgeschäft und schlägt am Ende verbal auf die Werbetrommel: "Nach einem Jahr gibt es uns noch, aber jetzt, Leute, kommt und genießt, dass es uns noch gibt."

Das "Ois ohne", Hindenburgstraße 11 in Bad Tölz, ist Mittwoch und Freitag von 9 bis 18 Uhr, Donnerstag von 9 bis 14 Uhr und Samstag von 10 bis 14 Uhr geöffnet. Ein Abonnement ist im Laden, online unter www.ois-ohne.de oder per E-Mail an abo@ois-ohne.de zu bekommen.

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