Untersuchungsausschuss zur BayernLB:Ein Persilschein und neue Fragen

Zeugenanhörung: Banker Kemmer entlastet Finanzminister Huber, Sparkassenpräsident Naser beklagt die Informationspolitik.

Katja Auer und Kassian Stroh

Der Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Landesbank, Michael Kemmer, hat Finanzminister Erwin Huber am Donnerstag im Landesbank-Untersuchungsausschuss gegen Lügenvorwürfe verteidigt. Er habe keine Anhaltspunkte dafür, dass Huber den Landtag "nicht entsprechend seinem Kenntnis- und Wissensstand" informiert habe, sagte Kemmer.

Untersuchungsausschuss zur BayernLB: Vor der Zeugenanhörung im Landesbank-Untersuchungsausschuss: Bankvorstand Michael Kemmer und LB-Sprecher Dominik Lamminger

Vor der Zeugenanhörung im Landesbank-Untersuchungsausschuss: Bankvorstand Michael Kemmer und LB-Sprecher Dominik Lamminger

(Foto: Foto: dpa)

SPD und Grüne werfen dem Minister vor, dem Parlament und der Öffentlichkeit monatelang die wahren Ausmaße der Landesbank-Krise verschwiegen zu haben. Huber sei als Vizechef des Verwaltungsrates ebenso wie dessen Vorsitzender seit August 2007 zwar wöchentlich über die Auswirkungen der internationalen Finanzmarktkrise auf die BayernLB informiert worden, sagte Kemmer.

Allerdings habe es sich bei diesen Zahlen nur um "Momentaufnahmen" gehandelt, die "letztlich nicht ausreichend belastbar" gewesen seien. Ohne genaue Erläuterung seien diese nicht zur Veröffentlichung geeignet gewesen, sagte Kemmer, "sie würden eher Verwirrung stiften, als zur Aufklärung beitragen".

Der 51-Jährige wies zudem Vermutungen zurück, der Verwaltungsrat, der je zur Hälfte mit Vertretern der Staatsregierung und der Sparkassen besetzt ist und die Bank beaufsichtigen soll, habe seine Kontrollfunktion nicht ausreichend erfüllt. Alle Maßnahmen habe die Bank stets in enger Abstimmung mit dem Verwaltungsrat ergriffen, sagte Kemmer. Er habe "keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Mitglieder des Verwaltungsrats ihren Pflichten" nicht gerecht geworden wären.

Zudem verteidigte Kemmer das Engagement der Bank im Ausland. Sie könne ihren öffentlichen Auftrag nicht allein durch Geschäfte in Bayern erfüllen. Die jetzigen Belastungen hätten nichts mit einem schlechten Management zu tun, betonte der Bankchef. "Niemand hat davor gewarnt und davor warnen können, dass die größte und längste Finanzkrise seit dem Zweiten Weltkrieg drohen würde."

Auch Sparkassenpräsident Siegfried Naser, der dem Verwaltungsrat vorsitzt, sagte, dass selbstverständlich alle Verwaltungsratsmitglieder ständig informiert worden seien. Allerdings habe man über diese Zahlen Stillschweigen vereinbart. Der 57-Jährige räumte jedoch ein, dass "rückblickend zwei Fehler in der Informationspolitik" gemacht worden seien.

Zum einen sei es unglücklich gewesen, im vergangenen Dezember zu dementieren, dass die BayernLB mit einer Milliarden Euro Belastungen rechnen müsse. Stattdessen habe man die tatsächlichen Ausfälle von 100 Millionen Euro bekannt gegeben. Das sei zwar richtig, alle anderen Banken hätten jedoch Ausfälle und Marktpreisschwankungen zu einer Zahl zusammengefasst.

Zum zweiten wäre es klüger gewesen, sagte Naser, Mitte Januar schon vorläufige Zahlen bekanntzugeben und damit von der bisherigen Informationspolitik abzuweichen. Er widersprach jedoch dem Vorwurf, die Zahlen seien aus taktischen Gründen zurückgehalten worden. "Welches Motiv hätten ich oder der Minister denn haben sollen, im Februar etwas zu verschweigen, was im April sowieso veröffentlicht wird", sagte Naser.

Pikanter Ablauf

Zuvor hatte SPD-Haushaltssprecher Werner Schieder aus einem Bericht der Landesbank zitiert, wie ihn diese wöchentlich an Finanzministerium und Bundesbank schickte. In dem vom 31. Januar 2008 datierten Bericht seien als Ergebnis zum 31. Dezember 2007 bereits Belastungen von 1,9 Milliarden Euro aufgeführt. Noch am 12. Februar hatte Finanzminister Huber jedoch im Haushaltsausschuss gesagt, er könne noch keine Zahlen vorlegen. Am 13. Februar machte die Landesbank dann die Zahlen öffentlich.

Pikant ist der Ablauf des 12. Februar: Während der Bankvorstand bis dato immer die Strategie verfolgt hatte, erst im April Zahlen zu veröffentlichen, beschloss er an diesem Tag laut einem Verwaltungsratsprotokoll, das der SZ vorliegt, bereits um 10 Uhr, nun doch vorläufige Zahlen vorzulegen. Nach Auskunft des Finanzministeriums gab es im Laufe des Tages mehrere Gespräche zwischen Ministerium und BayernLB, auch mit dem Büro des Bankvorstands. In keinem sei die Rede davon gewesen, "dass die Bank die Strategie ändert", wie eine Ministeriumssprecherin sagte.

Der Blamierte

Huber sagte damals im Landtag, es gebe weiter keine "belastbaren Zahlen". Erst nach seiner Rede, gegen 16 Uhr, sei er vom Vorstand vom Gegenteil informiert worden, erklärte auch Kemmer. Wenn dem so ist, verschwieg der Vorstand diesen zentralen Punkt dem Ministerium über Stunden - obwohl er zuvor zugesichert hatte, die Anteilseigner über einen solchen Schritt zu informieren.

Huber stand als der Blamierte da und muss sich seitdem des Vorwurfs erwehren, das Parlament belogen zu haben. In der Folge legte Bankchef Werner Schmidt seinen Job nieder, Finanzvorstand Kemmer wurde sein Nachfolger. Kemmer berichtete, dass er am Vormittag des 12. Februar nach dem Beschluss des Vorstands Zahlen von seinen Mitarbeitern angefordert habe.

Diese seien mit der Erstellung des Jahresabschlusses für 2007 schon sehr weit gewesen, hätten dann aber "mit sehr heißer Nadel in sehr großer Hektik vorläufige Zahlen ermittelt". Binnen sechs Stunden gelang es der Bank, veröffentlichbare Zahlen zu erhalten.

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