Untersuchungsausschuss im Fall Mollath:"Für die Wahrheit ist es nie zu spät"

Die Zeit drängt: Im Fall Mollath beantragen SPD, Grüne und Freie Wähler nun doch einen Untersuchungsausschuss im Landtag. Sie haben neun Wochen, um einen Fragenkatalog mit 49 Punkten durchzuarbeiten. Neben Gustl Mollath sollen auch frühere Regierungsvertreter als Zeugen vorgeladen werden.

Von Frank Müller

Nach einigen internen Turbulenzen bringt die Landtags-Opposition nun doch gemeinsam einen Untersuchungsausschuss zum Fall Gustl Mollath zustande. SPD, Grüne und Freie Wähler reichten am Dienstag gemeinsam den Antrag für ein solches Gremium ein. Es soll nun unter relativ großem Zeitdruck bis zum Sommer klären, ob Justizministerin Beate Merk (CSU) und andere hohe Repräsentanten dafür mitverantwortlich sind, dass der heute 56-jährige Mollath über Gebühr lange in der Psychiatrie festgehalten wird.

Mollath ist bereits seit 2006 gegen seinen Willen eingesperrt. Untersucht werden soll auch, ob Regierung und Justiz dem Landtag Unwahrheiten erzählten und ob staatliche Stellen womöglich mehr als bislang bekannt von den Schwarzgeldvorwürfen gegen die Hypo-Vereinsbank wussten.

Erst unmittelbar vor der gemeinsamen Einbringung des Antrags hatte die SPD-Fraktion im Landtag mit einem Beschluss den Weg freigemacht. Wie zuvor schon Freie Wähler und Grüne segneten die Abgeordneten den Fragenkatalog ab. Anders als bei den Grünen, die in der Frage gespalten waren, fand sich jedoch bei der SPD eine breite Mehrheit bei nur einer Gegenstimme. In der SPD hatte es zuvor viel Skepsis gegen einen Untersuchungsausschuss gegeben.

SPD-Fraktionsvize Inge Aures sagte dennoch, es könne nicht von einem Sinneswandel die Rede sein. "Wir haben uns eigentlich schon lange entschlossen." Es hätten aber noch viele Details im Fragenkatalog geklärt werden müssen.

"Mehrfach mit der Unwahrheit bedient"

Grünen-Fraktionschef Martin Runge begründete den Ausschuss mit mehreren Äußerungen von Merk und Vertretern der Ermittlungsbehörden: "Wir sind bedauerlicherweise mehrfach mit der Unwahrheit bedient worden." Der Geschäftsführer der Freien Wähler, Florian Streibl, warf Merk vor, sie habe das Ansehen der Justiz beschädigt, "wie kein anderer Minister in der bayerischen Geschichte". Sie habe sich auch nach Aufkommen massiver Zweifel daran, dass beim Wegsperren Mollaths alles mit rechten Dingen zugegangen war, lange Zeit geweigert, den Fall neu aufzuklären. Stattdessen habe sie stets behauptet, es gebe keinen Anlass zur Wiederaufnahme des Mollath-Verfahrens. Merk war erst im vergangenen November umgeschwenkt.

Aufklären wollen die drei Fraktionen dies nun durch 49 detaillierte Punkte in dem Fragenkatalog. In diesen wird minutiös gefragt, wie welche staatlichen Behörden mit dem Fall Mollath seit dem Jahr 2003 umgegangen sind. Mollath hatte schon damals der Hypo-Vereinsbank, für die seine Frau arbeitete, vorgeworden, an Schwarzgeld-Geschäften beteiligt zu sein.

Runge sagte, der Ausschuss wolle neben Mollath selbst auch damals befasste Regierungsvertreter vorladen. Namentlich erwähnt werden die Ex-Regierungschefs Edmund Stoiber und Günther Beckstein sowie Ex-Finanzminister Georg Fahrenschon (alle CSU). SPD-Ausschussmitglied Inge Aures sagte, sie erwarte Aufschluss, ob Vertreter des Freistaats möglicherweise schon früh in den Aufsichtsgremien der Hypo-Vereinsbank Mollaths Vorwürfe mitbekommen hätten.

Der knappe Zeitplan mit nur noch neun Sitzungswochen bis zum Ende der Legislaturperiode sei kein Problem, erklärten die drei Oppositionsvertreter. "Wir werden jede freie Minute nutzen", sagte Aures. Streibl betonte, Merk und die Staatsregierung hätten die Verzögerungen bei der Aufklärung zu vertreten. Aber: "Für die Wahrheit ist es nie zu spät."

Der Vorsitz im Untersuchungsausschuss wird turnusgemäß an die CSU gehen. Sie nominierte den Abgeordneten Florian Herrmann, Vize dürfte Streibl werden. Justizministerin Merk nannte die Untersuchung im Parlament legitim. Fragen- und Zeugenliste erweckten aber den Eindruck: "Hier geht es weniger um Klärung oder Herrn Mollath, sondern um ein politisches Spiel."

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