Untermerzbach:Rätselhafte Todesfälle in Seniorenheim: Mitarbeiter verhaftet

Lesezeit: 2 min

  • Polizisten haben am Donnerstag zwei leitende Mitarbeiter eines Seniorenheims in Unterfranken verhaftet.
  • Hintergrund seien mehrere ungeklärte Todesfälle von Heimbewohnern in der Seniorenresidenz Schloss Gleusdorf in Untermerzbach, teilte die Staatsanwaltschaft Bamberg mit.
  • In einem Fall soll nach dem Sturz eines Seniors über mehrere Tage kein Arzt gerufen worden und der Mann dadurch gestorben sein.

Von Olaf Przybilla, Untermerzbach

Die Seniorenresidenz im unterfränkischen Schloss Gleusdorf preist sich selbst als "Haus zum Wohlfühlen" an. Bewohner sollen sich dort einmal im Leben wie "Schlossherren" fühlen dürfen. So die Eigenwerbung. Am Donnerstag aber herrscht im dem Heim im Landkreis Haßberge ein barscher Ton am Telefon: "Seniorenresidenz, Grüß Gott. Keine Auskunft, auf Wiedersehen." Am Vormittag hat die Staatsanwaltschaft Bamberg zwei Haftbefehle "wegen des dringenden Verdachts des Totschlags" gegen die Geschäftsführerin und den Pflegedienstleiter des Seniorenheims beantragt.

Nach Angaben des Bamberger Oberstaatsanwalts Otto Heyder gehen die Ermittlungen auf zwei Strafanzeigen zurück, beide gingen vor etwa sechs Monaten ein. Aufgrund dieser Anzeigen leitete die Staatsanwaltschaft Verfahren gegen Verantwortliche der Seniorenresidenz Schloss Gleusdorf ein, zunächst wegen des Verdachts der Misshandlung von Schutzbefohlenen. In dem Heim sollen Medikamente ausgetauscht und unangemessene Sanktionen gegenüber mehreren Heimbewohnern ausgesprochen worden sein. Auch wegen diverser kleinerer Vermögensdelikte ermittelte die Staatsanwaltschaft zunächst. Nachdem die Ermittler mehrere Zeugen vernommen hatten, weiteten sich die Vorwürfe aber noch erheblich aus.

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Denn eine 95-jährige Patientin hatte bei ihrem Aufenthalt mehrere Verletzungen erlitten, die ihre Angehörigen sich nicht erklären können.

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Vor etwa drei Wochen, erklärt Staatsanwalt Heyder, hätten Zeugen erstmals Vorwürfe geäußert, wonach es durch fehlerhafte medizinische Versorgung sogar zu Todesfällen in dem Heim gekommen sein könnte. Zeugen berichteten überdies, dass Heimbewohner nicht hinreichend behandelt oder, trotz offenkundiger gesundheitlicher Probleme, nicht ins Krankenhaus eingewiesen wurden. Auch dies habe zum Teil dramatische Folgen für die betroffenen Bewohner gehabt. In einem Fall soll die Heimleitung nach dem Sturz eines Seniors über mehrere Tage hinweg keinen Arzt hinzugezogen haben, obwohl sich der Zustand des Bewohners drastisch verschlechterte. Der Heimbewohner, so der Verdacht der Staatsanwaltschaft, soll deshalb verstorben sein.

Man habe diese Zeugenaussagen "eingehend" geprüft, teilen nun die Bamberger Staatsanwaltschaft und die Kriminalpolizei Schweinfurt mit. Dabei erhärteten sich die Verdachtsmomente offenbar massiv. Die Staatsanwaltschaft beantragte am Donnerstag beim Amtsgerichts Bamberg zwei Haftbefehle. Außerdem durchsuchte sie mehrere Objekte in Franken. Noch am selben Tag wurden die beiden Tatverdächtigen - der Pflegedienstleiter und die Geschäftsführerin des Hauses - dem Ermittlungsrichter vorgeführt. Er muss entscheiden, ob die Haftbefehle vollzogen werden.

Im Seniorenheim wurden Behandlungsunterlagen und Dienstpläne sichergestellt. Auch gegen einen im Seniorenheim tätigen Arzt wird nun ermittelt. Er soll, so der Verdacht, unrichtige Gesundheitszeugnisse ausgestellt haben. Auch Objekte des Arztes wurden durchsucht, Patientenunterlagen betroffener Heimbewohner sichergestellt. Für das Verfahren gegen den Mediziner wird ein rechtsmedizinischer Sachverständiger hinzugezogen. Die Auswertung sämtlicher Dokumente werde "einige Zeit" in Anspruch nehmen, erklärt Staatsanwalt Heyder. Weitere Auskünfte wollen die Ermittler in dieser Zeit nicht geben.

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