Süddeutsche Zeitung

Untergetauchter Neonazi:Portugal liefert Ittner aus

Mehr als sieben Jahre lang war der Rechtsextreme Gerhard Ittner auf der Flucht, dann wurde er in Portugal festgenommen. Jetzt ist der 54-Jährige, der als Beruf "Sachwalter des Deutschen Reiches" angibt, nach Deutschland ausgeliefert worden.

Olaf Przybilla, Nürnberg

Siebeneinhalb Jahre wurde Gerhard Ittner mit internationalem Haftbefehl gesucht. Im April war der aus dem mittelfränkischen Zirndorf stammende Neonazi den Fahndern in Portugal ins Netz gegangen. Nun ist der 54-Jährige, der als Beruf "Sachwalter des Deutschen Reiches" angibt, nach Deutschland ausgeliefert worden. Nach Angaben der Nürnberger Staatsanwaltschaft befindet sich Ittner inzwischen in einer bayerischen Haftanstalt. Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und Justizministerin Beate Merk (CSU) bezeichneten Festnahme und Auslieferung Ittners als "großen Erfolg".

Ittner war im März 2005 vom Landgericht Nürnberg-Fürth zu 33 Monaten Haft verurteilt worden. Der Haftstrafe wegen Volksverhetzung, schwerer Verunglimpfung des Staates, Beschimpfung von Religionsgemeinschaften und Beleidigung in jeweils mehreren Fällen hatte er sich durch Flucht entzogen. Seither war er untergetaucht. Der Verurteilung lagen etliche Texte volksverhetzenden Inhalts zugrunde, die Ittner ins Internet hatte stellen lassen.

Von einem angeblichen Fluchtort in Iran aus hatte ein Autor, der mit "Gerhard Ittner" zeichnete, nach der Flucht Tiraden im Internet veröffentlicht. Der Autor leugnet den Holocaust. Er kündigt an, die "Handlungsfähigkeit des Deutschen Reiches" werde "wiederhergestellt". Diese Schriften würden derzeit geprüft, sagte die Sprecherin der Nürnberger Staatsanwaltschaft, Antje Gabriels-Gorsolke. Sollte sich der Verdacht einer erneuten Volksverhetzung erhärten, werde die Staatsanwaltschaft ein ergänzendes Rechtshilfegesuch an die Justizbehörden in Portugal richten.

Ittner galt vor seiner Flucht als eine zentrale Figur der Neonazi-Szene in Nordbayern. Der Holocaust-Leugner pflegte Kontakte zu etlichen rechtsextremistischen Parteien, überwarf sich aber mit diesen. Auch zur Thüringer Neonazi-Szene gab es Kontakte, Ittner trat unter anderem auf dem "Thüringentag der nationalen Jugend" auf. Um mögliche Querverbindungen zwischen Ittner und Neonazis im Umfeld des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) abklären zu können, hatten Ermittler im vergangenen Jahr angekündigt, die Suche nach dem Neonazi zu intensivieren. Auch Zielfahnder wurden eingesetzt. Mit Erfolg: Am 14. April wurde Ittner in Montemor-o-Novo bei Lissabon gefasst.

Ittner hatte im Jahr 2003 eine Kundgebung in Nürnberg organisiert, mit der er eigenen Angaben zufolge an die NS-Reichsparteitage erinnern wollte. Auch wegen der dort gehaltenen Rede musste sich Ittner 2004 vor dem Nürnberger Landgericht verantworten. Am vorletzten von 19 Verhandlungstagen war Ittner nicht mehr erschienen und danach mehr als sieben Jahre auf der Flucht.

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SZ vom 20.09.2012/afis
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