Unter falschem Namen:Die Tarnlisten der NPD

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NPD-Mitglieder wollen unter fremden Banner in die Stadträte einziehen und spekulieren darauf, dass nicht alle Wähler die Rechtsextremen in ihrer Verkleidung auf den ersten Blick erkennen.

Roman Deininger

Ralf Ollert ist Landesvorsitzender der NPD, seit 2002 sitzt er im Nürnberger Stadtrat und will jetzt wiedergewählt werden. Aber nicht für die Partei, der er vorsteht. Ollert vertritt eine Wählergruppe mit dem Namen Bürgerinitiative Ausländerstopp (BIA).

Teilnehmer eines Aufmarsches der rechten 'Bürgerinitiative Ausländerstopp' (BIA) ziehen mit einem Plakat auf dem steht 'Kriminelle Ausländer raus!!!' durch die Innenstadt von München. (Foto: Foto: ddp)

Programmatisch macht das keinen großen Unterschied: Die BIA ereifert sich in ihren "Grundsatzforderungen" über die "volksverachtende Massenüberfremdungspolitik der Systemparteien".

Dennoch: Nicht für alle Wähler sind die Rechtsextremen in ihrer Verkleidung auf den ersten Blick zu erkennen. Das Landesamt für Verfassungsschutz warnt, dass Neonazis bei der Kommunalwahl am 2. März nicht nur in Nürnberg auf einer Tarnliste antreten.

Auch in München wollen NPD-Mitglieder unter dem Banner der BIA in den Stadtrat einziehen. Die NPD und andere rechte Gruppen, berichtet ein Sprecher des Verfassungsschutzes, konzentrierten ihre Aktivitäten zunehmend auf größere Städte.

1000 Unterschriften von Unterstützern benötigt die BIA in München bis zum 21. Januar, um zur Wahl zugelassen zu werden. Von dieser Marke, erklärt der Sprecher des Verfassungsschutzes, sei die Gruppe "noch weit entfernt" - im Gegensatz zu "Pro München", einer weiteren rechtsextremen Initiative, die ihren Wahlkampf auf die Ablehnung der Sendlinger Moschee gründet und sich die Zulassung schon gesichert hat.

In Nürnberg muss sich die BIA um Unterschriften nicht sorgen, Ollert sitzt ja bereits im Stadtrat. Der Nürnberger SPD-Vorsitzende Christian Vogel fürchtet, dass ein weiteres Mandat für die BIA hinzukommen könnte: "Schon bei der letzten Wahl sind die ja nur hauchdünn an einem zweiten Sitz vorbeigeschrammt."

Seriöses Auftreten

Die Rechtsextremen um Ollert profitierten davon, dass sie unter einem Tarnnamen um Wählerstimmen buhlen. "Es gibt sicher viele Leute, die nicht wissen, dass da jemand Gedankengut des Neonazismus transportiert." Ollert, so hat Vogel beobachtet, werbe in Nürnberg nicht mit seinem NPD-Amt: "Dafür ist er zu clever."

Andererseits wisse die "direkte Klientel des Herrn Ollert" genau, wer hinter der BIA steht: "Für diese Leute sitzt ganz klar ein NPD-Mann im Stadtrat. Dass er unter anderer Flagge gewählt wurde, spielt da nicht die geringste Rolle."

Seriöses Auftreten, das anders als Springerstiefel und Bomberjacke die politische Gesinnung nicht sofort verrät, sei seit einigen Jahren eine Strategie der Neonazis, stellt Stefan Stadelbauer vom Fürther "Bündnis gegen Rechts" fest. In Fürth bemüht sich die NPD offen um die Zulassung zur Kommunalwahl.

385 Unterschriften braucht sie, fast täglich war sie in den vergangenen Wochen mit einem Infostand präsent. Stadelbauer: "Fürth ist ein Knackpunkt für die NPD, hier betreiben sie einen riesigen Aufwand."

Sollte die NPD zur Wahl antreten, habe sie eine realistische Chance auf ein Stadtratsmandat: "Die Stadt ist nicht reich, es gibt soziale Verwerfungen und Ghettobildungen. Das bedeutet Potential für Rechtsextremismus."

Birgit Bayer-Tersch, die Fürther Oberbürgermeister-Kandidatin der CSU, ist sicher, dass die hitzige bundespolitische Debatte über kriminelle Ausländer der NPD nicht in die Hände spielen wird: "In Fürth gibt es eine breite politische Front gegen Ausländerfeindlichkeit."

Für die mäßigenden Stimmen zum Thema Jugendstrafrecht aus der eigenen Partei, sagt Bayer-Tersch, "bin ich wirklich dankbar".

© SZ vom 16.01.2008/stä - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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