Unter Bayern:Von Fremden in der Fremde

Mit geübtem Blick lässt sich schnell erkennen, woher das jeweilige Gegenüber stammt. Ältere Amerikaner lieben es beige, Deutsche stehen auf Funktionsklamotten, Japaner lieben Sonnenhüte. Was sie aber eint, ist ein Lächeln - und schon sind die Fremden keine Fremden mehr

Kolumne von Katja Auer

Lang ist es nicht mehr bis Weihnachten, das könnte man zwar schon im August meinen, wenn die ersten Lebkuchen in den Supermärkten auftauchen, aber nun ist es amtlich: Die Nürnberger haben ein neues Christkind, die stade Zeit ist also nicht mehr weit. Wenn jetzt ein paar Deppen von der AfD den Untergang des Abendlandes fürchten, weil die junge Frau keine blonden Locken hat, sondern schwarze, dann sollen sie doch mal nachlesen in der Bibel, wo sie denn spielt, die Heilsgeschichte.

Typisch deutsch jedenfalls werden Maria und Josef und das Kind nicht ausgesehen haben und typisch fränkisch schon gar nicht. Was das nun immer sein mag, aber ein paar Charakteristika sind gewissen Landsleuten ja doch zu eigen. Zumindest außerhalb des eigenen Landes lassen sich manche leicht identifizieren. Dafür müssen sie noch nicht einmal mit der Lederhose durch New York spazieren, wie es Oskar Maria Graf auch nach Jahren dort zu tun pflegte, es scheint inzwischen eine Art Reisetracht zu geben.

Die in einheitlichem beige gekleideten älteren Menschen zum Beispiel, die an Wochenenden gruppenweise in den Altstädten von Bamberg und Regensburg zu beobachten sind, Sportschuhe an den Füßen, Kappe auf dem Kopf, sind in den allermeisten Fällen Amerikaner. Japaner lassen sich an Sonnenhüten und Mundschutz erkennen. Und Deutsche an ihren Funktionsklamotten. Egal ob im kolumbianischen Nebelwald oder im Designmuseum in Kopenhagen: Die Hose könnte jederzeit mit dem Reißverschluss auf Kniehöhe abgezippt werden und falls ein spontaner Regenguss niedergeht, wird einfach die Kapuze der atmungsaktiven Allwetterjacke aufgesetzt.

"Fremd ist der Fremde nur in der Fremde", hat der weise Karl Valentin philosophiert, und zweifellos ist es ein Glück, dass beispielsweise der fränkische Dialekt in einem fränkischen Wirtshaus auf weniger Ratlosigkeit stößt als in einer vietnamesischen Straßenküche. Aber weil ein Lächeln in jeder Sprache verstanden wird und ein bisschen Kauderwelsch mit Händen und Füßen schnell zusammengebracht ist, kann aus dem Fremden schnell ein "Nichtmehrfremder" werden. Das sollte jeder mal ausprobieren. Auch in Funktionsklamotten. Sogar in Lederhosen. Gerade in Lederhosen.

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