Unter Bayern:Söders Liebe zu Aiwanger

Politische Beziehungen haben mit privaten oft mehr gemeinsam als dem einzelnen lieb sein mag. Und so stellt sich auch hierbei die Frage: Was findet der eine nur an dem anderen?

Kolumne von Franz Kotteder

Heute hören sie es ja nicht mehr so gern, die bayerischen Grünen: Aber damals, bei der vergangenen Landtagswahl, turtelten sie wirklich heftigst mit der CSU. Wobei man sich fragte: der Söder und die Schulze - kann das gut gehen? Lacht sie für eine stellvertretende Ministerpräsidentin, als die sie sich schon zu sehen schien, nicht doch ein bisschen zu laut und eine Spur zu ordinär? Und hätte er, der Söder, in einer solchen Konstellation überhaupt noch was zu sagen gehabt?

Nun sind politische Beziehungsgeschichten ja auch nicht unkomplizierter als zwischenmenschliche, und es kam dann ja auch alles ganz anders. Was neue Fragen aufwarf, zum Beispiel: Was findet der Söder eigentlich an dem Aiwanger? Warum schmunzelt er manchmal und zieht die linke Augenbraue hoch, wenn sein Stellvertreter längere Ausführungen macht? Vielleicht bewundert er insgeheim die fast schon donaldtrumphafte Eleganz, mit der Aiwanger seinen Twitteraccount einsetzt, wie er dort Widerspruch heldenhaft niederkartätscht und Kritiker abwatscht, wie er "Klimahysterie" schonungslos anprangert, "Umweltsäue" als Beleidigung seiner Altvorderen begreift und nicht müde wird, Vegetarier in ihre Schranken zu verweisen. Womöglich gefällt ihm auch die unbekümmerte Nonchalance, mit der Aiwanger der klassischen niederbayerischen Handlungsanweisung folgt: Immer ein bissl dümmer stellen, als man ist!

Momentan gibt Aiwanger in den sozialen Medien gerade die fleischgewordene Bauerndemo im Einsatz gegen Brüssel und Nitratrichtlinien. Was uns zum wahren Hintergrund der Söderschen Liebe führen könnte. Denn Aiwanger redet heute noch so, wie CSU-Generalsekretäre in früheren Zeiten redeten. Als die Welt in Ordnung war und die absolute Mehrheit als gesetzt galt. Verglichen mit einem Erwin Huber (1988-1994) oder auch nur einem Alexander Dobrindt (2009-2013) hat man ja beim amtierenden Generalsekretär Markus Blume fast den Eindruck, er parliere lieber mit Jürgen Habermas oder wenigstens Hans Magnus Enzensberger als mit dem Bauernverbandsvorsitzenden von Geiselhöring oder Marktoberdorf. Nostalgie weckt Sehnsüchte: kein Wunder, dass der Söder oft so verliebt dreinschaut, wenn der Aiwanger spricht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: