Unter Bayern:Scheinheilige in Spendierhosen

Ministerpräsident Markus Söder verteilt großzügig Millionen an Steuergeldern

Kolumne Von Franz Kotteder

Manchmal passiert es, dass Begriffe und Symbole, die man fest in einem bestimmten Gedankensystem verankert wähnte, eine überraschende Umdeutung erfahren. Beispiel: der Begriff "menschlich". Als vor Kurzem bekannt wurde, dass eine leitende Beamtin am Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Tausende ohne rechtliche Grundlage anerkannt haben soll, war schnell von Korruption die Rede. Es hieß dann noch, die Beamtin habe möglicherweise "aus Menschlichkeit" gehandelt. Das klang aber leider exakt so, als ob "menschlich" nur ein etwas anderer Straftatbestand sei. Gruselig, oder?

Andererseits: inzwischen leider normal. Gerade wird zum Beispiel versucht, mit dem wichtigsten Symbol einer Religion, die auf Menschlichkeit aufbaut, Wählerstimmen zu sammeln. Und zwar ausgerechnet bei jenen, die Menschlichkeit tatsächlich für einen Straftatbestand halten. Landesvater Markus Söder, der in der christlichen Hagiografie gerade noch so als Scheinheiliger durchgehen dürfte, sagt: "Das Kreuz stehet für unsere Werte, deshalb hänget ihr es in den Vorräumen von Behörden auf!" Guter Trick: Im Vorraum, da kann man noch nicht von Staatsreligion reden. Aber Populismus ist halt eher nichts für Leute, die klar denken oder zumindest vorgeben, es zu können: CSU-Generalsekretär Markus Blume hat das mit der Trennung von Staat und Kirche nämlich noch nicht kapiert. Forsch, wie er zu sein hat, kanzelte er Söders Kritiker als "unheilige Allianz von Religionsfeinden" ab. Denen möchte er etwas Heiliges entgegensetzen. Hoffentlich nicht die heilige Inquisition?

Aber Markus Söder, der alte Auftreiber, ist eh schon wieder einen Schritt weiter und lässt lautstark seine Spendierhosenträger schnalzen. Anfang der Woche beglückte er die bayerischen Gastronomen mit 30 Millionen Euro für die Erhaltung von Dorfwirtshäusern. Was lernt man draus? Momentan geht man ihm besser aus dem Weg. So schnell kann man nämlich gar nicht schauen, wie er einem ein paar Millionen Steuergeld zusteckt. Ist wohl leider nur so, dass er sich das alles nach der Landtagswahl wieder zurückholt. Und zwar zu einem Zinssatz, bei dem einem die skrupellosesten Kredithaie als barmherzige Samariter vorkommen dürften. Ist aber nur so ein Gefühl.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: