Süddeutsche Zeitung

Unter Bayern:Ist der Unfug groß genug?

Am Ende des Jahres wird es Zeit, sich mit den Grundregeln politischen Handelns zu befassen. Schaut man etwa auf den Verkehrsminister, ließe sich meinen, dass der politische Erfolg mit dem Ausmaß an Unfug wächst, der den Wählern zugemutet wird

Kolumne von Franz Kotteder

Hauptsache groß und viel, es muss nicht auch noch vernünftig sein. Nein, keine Angst, in dieser Kolumne geht es ausnahmsweise nicht um Konsumkritik. Wir wollen uns gegen Ende des Jahres vielmehr mit den neuen Grundregeln politischen Handelns befassen. Nicht, dass es früher so viel besser gewesen wäre. Andererseits fällt schon auf, dass der politische Erfolg inzwischen wächst mit dem Ausmaß von Unfug, der dem Wählervolk zugemutet wird: Die Vernunft war bisher völlig wirkungslos gegen alle Kampagnen von Donald Trump und Boris Johnson, um nur die berühmtesten Beispiele zu nennen.

Insofern stimmt's schon: der Andi Scheuer macht "eine sehr gute Arbeit", wie die Kanzlerin über ihren Verkehrsminister sagt. Was Trump die Mauer zu Mexiko ist, ist dem Scheuer die Maut: ein sinnfreies Projekt, das eine Unmenge Geld kostet. Dabei kommt die Maut nicht nur mit einem Buchstaben weniger aus als die Mauer, sondern ist in Sachen Unfug sogar noch effektiver. Während der Donald seinen Grenzwall ja tatsächlich baut, wird aus der Maut nie etwas werden - und trotzdem könnte sie gut 560 Millionen Euro kosten. Wenn der Scheuer jetzt im Untersuchungsausschuss ähnlich blöd daherredet wie Trump zu seinem Impeachment, dann steht ihm also ganz sicher eine große Zukunft bevor.

Das unterscheidet einen Profi eben von einem Pronold namens Florian. Der ehemalige bayerische SPD-Vorsitzende soll nämlich Gründungsdirektor der Berliner Bauakademie werden. An und für sich ist das zwar schon recht unsinnig, weil er für diesen Job gar nicht qualifiziert ist, aber halt noch nicht unsinnig genug. Was ist schon ein Austragsposten gegen den Bau einer Mauer oder eine Autobahn-Maut? Da hat mal wieder jemand viel zu klein gedacht. Denn wenn schon klein, dann bitte kleinlich: Das kann man von den in Bayern 700 Jahre lang erfolgreich politisch tätigen Wittelsbachern lernen. Die wollen jetzt vom Regensburger Theater so um die 1500 Euro Lizenzgebühr für die Nutzung des Namens "Ludwig II." kassieren. Anscheinend hat das Adelsgeschlecht seinem geliebten Volk über die Jahrhunderte hinweg doch noch nicht genügend abgepresst, mittels Leibeigenschaft und Steuern. Insofern müsste also auch dieser Unfug Erfolg haben.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.4734573
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 24.12.2019
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.