Unter Bayern:In einem Land ohne die CSU

Das neue Jahr soll ein freudiges werden für Bayern, es wird Jubiläum gefeiert. Vor 100 Jahren wurde der Freistaat ausgerufen, allerdings nicht von der CSU, das mag für manchen eine Überraschung sein. Und vielleicht hält das Jahr sogar noch mehr davon bereit

Kolumne von Katja Auer

Das Jahr ist fast vorbei, ein neues steht bevor und es soll ein freudiges werden für Bayern. Schließlich wird gefeiert, 100 Jahre Freistaat, 200 Jahre Verfassung. Und 35 Jahre Mitgliedschaft von Markus Söder in der CSU, da wird sich 2018 noch zeigen, wie groß der Grund zur Freude ist.

Für das Jubiläumsjahr ist allerhand geplant, natürlich, auch wenn dummerweise das neue Museum der Bayerischen Geschichte in Regensburg nicht rechtzeitig fertig wird. Das ist schade, passt aber irgendwie zur Ironie, die der Geschichte des Freistaats durchaus innewohnt. So wird sich wohl im Jubiläumsjahr spätestens herumsprechen, dass gar nicht Franz Josef Strauß Bayern erfunden hat. Ja, es war nicht einmal die CSU, die hat es noch gar nicht gegeben damals.

So unglaublich es schon klingt, dass das schöne Bayern mitsamt seiner Berge und Seen vor der CSU existiert haben soll, also auch Märchenkönig Ludwig II. kein Mitglied der Christsozialen gewesen sein kann, so unerhört erscheint es, dass ausgerechnet ein Sozialist den Freistaat ausgerufen hat. Kurt Eisner war's, nach einer Revolution noch dazu, und nach seiner sehr kurzen Zeit als Ministerpräsident wurde aus dem Freistaat gar noch eine Räterepublik. Anarchisten waren an der Macht, später Kommunisten, es währte allerdings nicht lange. Dennoch, die Wurzeln des Freistaats, sie liegen im Sozialismus und der Anarchie.

Die Definition freilich hat sich verschoben, heutzutage wird schon CSU-Chef Horst Seehofer als Herz-Jesu-Sozialist verspottet, weil er dem Gemeinwohl eine gewisse Bedeutung beimisst. Und wenn in der CSU Anarchie ausbricht, wenn also gerade niemand das Sagen hat, dann meistens nur deswegen, weil die Partei schon wieder auf der Suche nach einem starken Anarchen ist.

Den hat sie nun, einen evangelischen Franken, was dem Zustand der Anarchie für einige recht nahekommt. Der muss nun bei der Landtagswahl beweisen, dass Bayern und die CSU eben doch eins sind, Geschichte hin oder her. Falls sich nicht das Wählervolk im Jubiläumsjahr zu intensiv an die Revolution erinnert. Und eine neue ausruft: Bayern weit entfernt von einer absoluten Mehrheit, das wäre fast so revolutionär wie ein Freistaat nach mehr als 100 Jahren Königreich.

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