Unter Bayern:Heiliges Blut

Eine Landesausstellung über das Blut ist längst überfällig. Nicht nur wegen der Wallfahrt zum Heiligen Blut. Auch wegen der Blutsbrüder in den Fußballstadien

Von Hans Kratzer

In seinem Streben nach Ruhm und Titeln erfreut sich der Fußballverein FC Bayern der Unterstützung von 4286 Fanclubs. Selbst am Fuße des Ossers, eines Grenzberges im Bayerischen Wald, leben Menschen, die dem Münchner Großverein huldigen. Das ist nicht selbstverständlich, denn diese Gegend hat ja durch eine Wallfahrt Prosperität erlangt und nicht durch den FC Bayern. Der Ortsname Neukirchen beim Heiligen Blut geht keineswegs auf einen gefoulten Fußballer zurück, sondern auf den Frevel eines grobschlächtigen Hussitenführers. Dieser versetzte vor 600 Jahren einer Marienstatue einen Schwerthieb, woraufhin aus deren Kopf etwas Rotes sprudelte. Nach diesem wundersamen Ereignis wurde dem Wallfahrtsort alsbald der Beiname "zum Heiligen Blut" verpasst.

Es ist lobenswert, dass der in Neukirchen beheimatete FC Bayern-Fanclub seine Herkunft nicht verleugnet und den schönen Namen "The Holy Bloods" trägt - die vom Heiligen Blut. Als der Club jüngst sein 20-jähriges Bestehen feierte, organisierten die 270 Mitglieder ein zweitägiges Fest und nahmen es tapfer in Kauf, bei dieser Fete finanziell zu bluten. Überhaupt sind die Holy Bloods sozial sehr engagiert. Sie bieten auch schwerbehinderten Menschen die Möglichkeit, Spiele des FC Bayern zu besuchen. Solche Fahrten in die Allianz-Arena bieten nach dem Aufstieg des Fußballs in die Sphären der Religion eine zeitgemäße Ergänzung einer Wallfahrt zum Heiligen Blut.

Schon deshalb ist eine Landesausstellung zu diesem Thema überfällig. Zweifellos ist das Blut der Sprit des bayerischen Fortschritts. Der Kurfürst Maximilian I. hat das Land sogar mit einem mit eigenem Blut geschriebenen Brief der Muttergottes geweiht. Unvergessen auch der königlich-bayerische Mittelstürmer Dieter Hoeneß, der den FC Bayern 1982 mit einem blutdurchtränkten Kopfverband zum DFB-Pokalsieg köpfelte.

Es entspricht der bayerischen Widersprüchlichkeit, dass das segensreiche Blut im Alltag oft nur als Schimpfwort dient: Blutshitze, Blutsauerei, Blut von da Katz, so wird gelästert, wenn es irgendwo hakt. Nur die Holy Bloods jammern nie. Ihre Pilgerreisen in die Allianz-Arena enden stets mit bejubelten Siegen ihrer Blutsbrüder vom FC Bayern. Der Gegner bekommt allerhöchstens eine Blutwurst.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: