Unter Bayern:Ewig lockt der 5er

Selbst Jusos haben zu BMW eine Meinung. Das hat es für Fahrer dieser Marke schon immer schwierig gemacht

Kolumne von Sebastian Beck

BMW ist der FC Bayern unter den Automarken. Jeder hat eine Meinung dazu, sogar ein Juso-Bundesvorsitzender. Anders ausgedrückt: Wer einen 5er in Berlin-Neukölln mit einem Münchner Kennzeichen und CSU-Aufkleber abstellt, der ist selber schuld. Er wird, wenn er Glück hat, sein Fahrzeug am nächsten Tag als Komposttonne auf dem Tempelhofer Feld wiederfinden.

Als Bayer einen BMW zu fahren, war immer schon ein Statement. Als sich der jugendliche Führerscheinneuling in den Achtzigern passend zur Vokuhila einen 1502er zulegen wollte, drohte seine Mutter mit Enterbung und weiteren Zwangsmaßnahmen. Ein BMW sei ein "Schinterkarren", mit dem die "dappigen Raser" an den Baum fahren. Es wurde dann schließlich ein roter, tiefergelegter 520i (Typ E12) mit dem oberlässigen Reihensechszylinder (Typ M20). Das Hagelunwetter 1984 und chronischer Wartungsstau hatten ihn bezahlbar gemacht. Kurzum, eine sehr geile Schüssel, wie man damals noch zu sagen pflegte.

Wer sich selber als irgendwie den Grünen nahestehend einstufte, der hatte mit dem 520er aber ein gewaltiges Imageproblem: Das Waldsterben wurde in den Achtzigerjahren mit ähnlicher Vehemenz diskutiert wie heute der Klimawandel. Dem Fahrzeughalter blieb aus Angst vor sozialer Ausgrenzung nichts anderes übrig, als hinten den Aufkleber "Tempo 100 - dem Wald zuliebe" drauf zu pappen. Der Fünfer war damit auf die rechte Spur der deutschen Autobahnen verbannt, wo er lustlos verbleites Benzin verbrannte. Der Mann beim TÜV sagte später, die Lenkung sei ausgeschlagen, die Reifen stammten von einem Opel Kadett, Frontschürze und Stoßdämpfer seien auch illegal, das Bodenblech werde von Teer zusammengehalten, um mal die wichtigsten Mängel zu nennen. Das war das Ende des BMW.

Danach folgten bis heute zehn weitere Autos, darunter zwei nicht minder räudige 5er. Im Jahr 2019 verfügt der Fahrzeughalter über große Weisheit. Seinem jugendlichen Ich schickt er den Rat in die Vergangenheit: Kauf Dir keine solchen Schinterkarren, du Trottel. Und wenn doch, dann klebe Dir wenigstens hinten nichts drauf. Leider hört es der Bub nicht, er hat den Kassettenrekorder zu laut aufgedreht.

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