Unter Bayern:Endlich stad, Zeit wird's

Sollte diese Corona-Pandemie überhaupt irgendwas Gutes haben, dann ist es die - nicht ganz freiwillige - Rückbesinnung auf das, was der Advent eigentlich ist

Glosse von Katja Auer

Die unverdrossenen Optimisten, von denen es dieser Tage gar nicht genug geben kann, gewinnen dieser seltsamen Zeit allerhand Positives ab. Der Advent zum Beispiel, der ist zum ersten Mal seit Langem so stad, wie er wohl gedacht ist, im ursprünglich kirchlichen Sinne jedenfalls, als Vorbereitung auf Weihnachten. Als Fastenzeit im Übrigen auch, aber das wäre wirklich viel verlangt im Teil-Lockdown, in dem das selbst zubereitete Abendessen mangels Kino, Theater, Restaurantbesuch zum Höhepunkt eines Wochenendes gerät.

Es wird tatsächlich viel gekocht zurzeit, wenn sich das nicht statistisch belegen lässt, dann doch durch subjektive Erhebungen. Nachbarn finden an gewöhnlichen Dienstagen aufwendig fabrizierte Nachspeisen vor der Tür ("nur so, Fitnesstraining geht ja nicht") und wer sonst einen besonderen Anlass brauchte, um endlich dieses Slow-Food-Rezept mit dem eigenhändig geräucherten Bachsaibling auszuprobieren, der macht's jetzt einfach ("man kann ja nicht nur Serien gucken").

Plätzchen sind gebacken und quer durch die Republik verschickt und wer das Strohsterne-Basteln nicht von der Oma gelernt hat, kann es sich von Youtubern zeigen lassen. Bastelabend statt Weihnachtsfeier oder Treffen am Glühweinstand. Selten war die Vorweihnachtszeit - zumindest theoretisch - so besinnlich. Nur schade, dass der Nikolaus nicht kommen darf, was wiederum zu bedauerlichen Lücken in den Kindheitserinnerungen führen könnte.

So eine spielt irgendwann in den Achtzigern, als der Nikolaus nicht nur heimlich des Nachts die aufgereihten Stiefel füllte, sondern in natura, groß und weißbärtig, drei Schwestern aufsuchte und aus seinem goldenem Buch erschreckend detailliert über Zankereien und kindlichen Ungehorsam zu berichten wusste. Eine Rute hatte er natürlich dabei, da war man in der Oberpfalz wenig zimperlich, und die ließ er auch zurück im Wohnzimmer, als Warnung gewissermaßen. Entsprechend beeindruckt waren die Kinder, so lange zumindest, bis sich eines wunderte, warum der Nikolaus eigentlich die Winterstiefel von der Tante Annemarie an den Füßen getragen hatte. Derartiges immerhin wird heuer nicht passieren, wenn der Nikolaus nur eine Videobotschaft schickt.

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