Satire:Der Nockherberg und die Kunst des Beleidigtseins

Starkbierprobe auf dem Nockherberg

Die Schauspielerin Luise Kinseher als Bavaria bei der diesjährigen Fastenpredigt.

(Foto: dpa)

Beim Starkbieranstich war dieses Jahr gut zu beobachten, dass es in diesem Land einen Dreiklang aus Gaudi, Grant und Grummeln gibt.

Kolumne von Franz Kotteder

Humor, Beleidigen und Beleidigtsein - das sind drei Dinge, die in diesem Land anscheinend ganz wunderbar zusammenpassen, ja nachgerade für einander bestimmt sind. Man hat das in dieser Woche exemplarisch beim Starkbieranstich auf dem Nockherberg erleben dürfen. Die einen waren vom Jahr zuvor her noch beleidigt, weil sich für sie damals der Spaß aufgehört hatte. Deshalb kamen sie in diesem Jahr nicht, hätten aber ruhig kommen können, weil Ministerpräsident Horst Seehofer ja öffentlich befand, dass es heuer schon ein Spaß gewesen sei.

Worauf wiederum andere, die sich nicht so sicher waren, endlich wussten, dass es kein Spaß war. Weil, was ist das für ein Spaß, wenn der Seehofer ihn lustig findet? Sollte man selber zufällig an der einen oder anderen Stelle gelacht haben, dann war es spätestens jetzt an der Zeit, diese Lacher umgehend mit dem Ausdruck von Abscheu und Empörung zurückzunehmen.

Das alles hat gewiss mit einer Besonderheit des Nockherbergs zu tun: Als Fastenprediger kann man es dort keinem recht machen, die Geschichte dieser Veranstaltung ist voll von einschlägigen Beispielen. Erst später, wenn alle Bespöttelten längst verstorben sind und sich niemand mehr an die Reden erinnern kann, werden die Prediger verklärt als letzte Könner ihrer Art, wie es so leicht keine mehr geben wird.

Das haben sie dann wiederum mit manchen Landespolitikern gemeinsam. Auf diese Weise ist ja aus Franz Josef Strauß tatsächlich noch so eine Art Weltstaatsmann geworden, was zu seinen Lebzeiten nur die ganz Hundertprozentigen von ihm glaubten. Und womöglich wird sogar aus Edmund Stoiber eines Tages noch ein genialer Schulpolitiker? Das wird jedoch noch eine Weile dauern, weil sich die CSU-Fraktion einfach noch nicht vom G 8 trennen kann. Und so lange noch jemand weiß, was das ist, sieht's leider ganz schlecht aus. Denn über dem G 8 ist schon vielen das Lachen vergangen, und zu ihrem Erfinder fallen ihnen ausschließlich Beleidigungen ein. Fehlt bloß, dass der dann auch noch beleidigt ist.

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